Rache ist süß!

Typische Rachesituationen
weibliche und männliche Rache
Funktion von Rache
Süße Rache
Gefährliche Rache
Rache verboten!

Manchmal muss man sich einfach wehren. Doch Vorsicht: Der Gegenschlag sollte sorgfältig geplant sein. Sonst wird´s uncool.
In den fiesesten Rachephantasien zu schwelgen entspannt wunderbar. Ein bisschen schämt man sich zwar, aber hinterher kann man schon wieder lachen.
Wie du mir, so ich dir...

Wann suchen wir nach Vergeltung?

Wenn wir von unserem Partner betrogen werden

Ein Seitensprung trifft einen bis ins Mark, da man sich nicht nur erniedrigt und hässlich fühlt, sondern auch das eigene Vertrauen auf das Schändlichste betrogen sieht. Ganz zu schweigen von der fehlenden Ehrlichkeit! Wer sich jetzt von seinem Partner nicht trennt, sinnt wenigstens auf Rache. Als Bettina von ihrer Freundin Manuela gesteckt bekam, dass ihr Schatz eine Nacht mit einer ihr unbekannten Schönen verbracht hatte, was er ihr natürlich nicht gebeichtet hatte, zahlte sie es ihm nicht nur mit gleicher Münze, sondern noch um Einiges fieser, heim, indem sie ausgerechnet seinen besten Freund verführte...


Wenn wir von unserem Partner verlassen werden

Die verschärfte Variante von oben und das mit Abstand häufigste Motiv für Rachegelüste. Hier verbinden sich verletztes Selbstwertgefühl, hilflose Ohnmacht und grenzenloser Schmerz zu einer unheilvollen Mischung. Die spätestens dann explodiert, wenn sich zu ihr noch die Eifersucht auf den neuen Partner der/des Ex gesellt. Wie bei Carolin. Sie fiel aus allen Wolken, als Marco von heute auf morgen mit ihr Schluss machte, obwohl sie glaubte, mit ihrer Beziehung wäre alles in Ordnung. Als er ihr dann auch noch erklärte, er hätte sich in Yvonne verliebt, sah Carolin regelrecht rot. Und legte Yvonne bei passender Gelegenheit in der Schule einen stinkenden Käse in die Sporttasche...


Wenn wir in der Öffentlichkeit bloßgestellt werden

Es gibt wohl kaum etwas Schlimmeres, als durch eine megapeinliche Geschichte zum Gespött von Freunden oder einer Menge wildfremder Leute gemacht zu werden! Scham und Demütigung tun verdammt weh und schüren einen leidenschaftlichen Hass auf denjenigen, dem wir diese Kränkung und Schande verdanken. Nach einem schlimmen Krach mit ihrer Busenfreundin Sandra hatte Melanie ein altes Foto, das sie gemeinsam bei einem Urlaub aus Kindertagen zeigte, in der Klasse herumgehen lassen. Das wäre an sich ja nicht schlimm gewesen, aber das Bild zeigte eine Sandra, wie sie die neue Klasse nicht kannte, nämlich einen Pummel im Bikini, der damals mindestens zwanzig Pfund zuviel auf den Rippen gehabt hatte. Als Revanche ließ Sandra dem heimlichen Schwarm Melanies einen gefälschten Liebesbrief zukommen und sie dank anzüglicher Formulierungen volle Kanne auflaufen...


Wenn unser Vertrauen missbraucht worden ist

Wer ist nicht verletzt, wenn er jemand anderem ein Geheimnis anvertraut, dass der Betreffende dann in alle Welt hinaus posaunt. Oder wunde Punkte aus der Vergangenheit aufgewärmt bekommt. Oder ein Versprechen abnimmt, das gebrochen wird. Oder seine heimlichen Sehnsüchte und Gedanken unfreiwillig veröffentlicht werden.

Frederik hatte Holger in einer schwachen Stunde seine romantischen Gefühlen für Mareike gestanden. Der hatte dann nichts Besseres zu tun, als das brühwarm Oliver, Mareikes Freund, zu erzählen. Um eine Erfahrung und ein blaues Auge reicher rächte sich Frederik an Holger dadurch, dass er Silke, Holgers Freundin, fragte, ob sie denn eigentlich wisse, dass Holger schon eine homosexuelle Erfahrung hinter sich hatte...


Rächen sich Jungen anders als Mädchen?

Oh ja! Reaktionszeit, Motive und Racheakte sind durchaus verschieden!

Racheengel

Grundsätzlich kommt der Wunsch nach Rache beim sogenannten schwachen Geschlecht später, häufig erst Wochen oder sogar Monate nach dem eigentlichen Vorfall. Das lässt sich dadurch erklären, dass Mädchen dazu neigen, die Ursache für das Fehlverhalten zunächst bei sich selbst zu suchen. "Mein Freund hat mich betrogen, weil ich nicht hübsch genug/zu dick bin oder im Bett nicht alles mitmache" sind typisch weibliche Gedankengänge.

Neben dem verspäteten Rachegelüsten und dem verwundeten Selbstwertgefühl als Auslöser unterscheiden sich die Damen auch in der Art der Rache. Sie setzen bevorzugt die Technik des verbalen Vergiftens ein, d.h. sie verbreiten Gerüchte, Lügen oder geben peinliche Tatsachen und Wahrheiten über ihr Opfer preis. Verleumdungen jeglicher Art. Vor allem solche, die unter die Gürtellinie gehen. So erzählen sie beispielsweise genüsslich, dass die Potenz ihres Verflossenen und seine Phantasie beim Liebesspiel ohnehin zu wünschen übrig gelassen haben...


Rächer

Jungen reagieren nicht nur wesentlich schneller auf die erlittene Schmach, sondern auch aus einem völlig anderen Antrieb heraus. Bei ihnen ist es nicht das mangelnde Selbstbewusstsein, sondern der verletzte männliche Stolz. Gedanken der Art "Wie kann sie es wagen, mir, der ich doch so toll bin, so etwas anzutun?" schießen ihm bei Untreue als erstes in den Kopf. Sie sorgen sich um ihr gesellschaftliches Ansehen: "Wie stehe ich jetzt nur vor meinen Freunden da?". Gefühle wie Wut und Ärger stellen sich bei ihnen schneller ein.

Im Gegensatz zum anderen Geschlecht ist die Rache der Herren oft "handfest", d.h. sie reagieren mit der Androhung von körperlicher Gewalt bzw. lassen tatsächlich die Fäuste sprechen oder sie richten ihre Gewaltgelüste gegen Gegenstände: zerschnittene Kleidungsstücke, zerstörte CDs oder verwüstete Zimmer sind dann die sichtbaren Ergebnisse ihrer ausgelebten Rache.


Welche Funktion erfüllt die Rache?

Beim Rächer:

Wer sich rächt, will seine Macht zeigen und dadurch die zuvor erlittene Erniedrigung wieder wett machen. Die ausgespielte Macht biegt das angeschlagene Selbstbewusstsein wieder gerade.


Beim Racheopfer:

Der Vergeltungsschlag macht dem Ersttäter unmissverständlich klar, dass er zuvor zu weit gegangen war. Hier ist die Rache als eine Art Warnung zu verstehen, die ihm sagt, dass er beim nächsten Mal mit schlimmeren Folgen zu rechnen hat. Quasi eine Erziehungsmaßnahme, damit er künftig auch schön brav ist. Außerdem weiß er nun, dass sich der andere nicht alles gefallen lässt.


Warum Rache manchmal guttut und wann sie dir schadet

Rache ist süß, weil...

• ...Rachegelüste nach der erlittenen Erniedrigung einen seelischen Ausgleich, sprich eine Art Wiedergutmachung, schaffen. Sie sind daher ein wichtiger Bestandteil im psychischen Erste-Hilfe-Koffer.

• ...auch nicht ausgelebte Rachephantasien helfen. Schon der Gedanke an Vergeltung reicht aus, dass du wieder deine eigene Kraft spürst und dadurch leichter aus der Opfer-Rolle herausfindest.

• ...sie dir zu einem befriedigenden Begleichen einer offenen Rechnung verhelfen kann. Dabei ist allerdings die richtige Dosis wichtig. Während überzogene Rache nur zu Eskalation führt, stärkt gelungene Rache dagegen dein Selbstbewusstsein, so dass du deinen Schmerz besser verarbeiten kannst.

Faustregel für geglückte Rache: Was du anderen antust, ist weniger schlimm als das, was er dir angetan hat!


Rache ist gefährlich, wenn...

• ...ihre zerstörerischen Kräfte überhand zu nehmen beginnen und du dir immer etwas neues einfallen lässt, um dem anderen zu schaden. Das kann dann nämlich zu einer endlosen Spirale aus Hass und Leid führen.

• ...sie dich dazu verführt, selbstgerecht zu werden. Dann verlierst du den Bezug zur Wirklichkeit, so dass du keine sachlichen Urteile mehr fällen kannst und dich schlimmstenfalls in ein abstoßendes Racheungeheuer verwandelst!

• ...sie dich davon abhält, andere wichtige Gefühle zu durchleben. Nach einer Trennung zum Beispiel ist es notwendig, zu trauern und sich von der Partnerschaft in einer gewissen Weise zu "verabschieden". Nur so wirst du innerlich frei für einen Neubeginn.

• ...die Fantasien in deinem Herz und Kopf zu viel Platz einnehmen. Damit bleibst du an deinem Schmerz und deiner Qual nur unnötig lange kleben und kannst keine Energien entwickeln, dich davon zu befreien.


Rache ist verboten, wenn...

• ...du damit gegen bestehendes Recht verstößt. Denn unkontrollierte Rache kann schneller in Sachbeschädigung oder Körperverletzung enden, als es sich der Rächer vorstellen kann. Und einen Gesetzeskonflikt ist eine Rache niemals wert!

• ...du dabei die Gesundheit eines anderen gefährdest. Ein eigentlich harmlos gemeinter Streich endete schon des öfteren im Krankenhaus! Ein Sturz, der im ersten Moment saukomisch aussieht, ist eben nicht mehr lustig, wenn sich das Opfer dabei schlimm verletzt. Also: Manipulationen an Lebensmitteln, technischen Geräten oder Fahrzeugen sind absolut tabu!

• ... du Unschuldige in deine Rache mit hineinziehst. Freunde oder Verwandte von dir oder deinem Opfer dürfen nicht als Bote, Lockvogel o.ä. für deine Zwecke missbraucht werden. Die Aktion geht nur dich und deinen Gegenpart, nicht jedoch Unbeteiligte eures Streits, etwas an. Es ist nicht fair, möglicherweise weitere zwischenmenschliche Beziehungen zu gefährden!


Ist Rache nun wirklich süß?

Ich finde nein.

Auf das erste angenehme Gefühl der Befriedigung folgt zu oft ein bitterer Nachgeschmack . Meiner Meinung nach fühlt man sich nach vollbrachter Tat nicht besser. Im Gegenteil. Nicht selten gesellt sich zu dem eigentlich unerklärlichen Sich-schlecht-und-böse-Vorkommen noch eine tiefe innere Leere. Darauf kann ich nun wirklich gut verzichten!

Eine Art Rache gönne ich mir dann doch, nämlich die in Gedanken. Ich stelle mir die größten Gemeinheiten vor, bis ins kleinste Detail. Die alleinige Vorstellung einer tollen Racheaktion ist für mich bereits eine ausreichende Genugtuung.

So bin ich zufriedengestellt, ohne meine Selbstachtung zu verlieren oder meinen Ruf nach außen zu ruinieren.

Wie denkst du darüber?


© 2000 Anja Gerstberger