Stress - schon in der Jugend?


Begriff
Ursachen
guter/schlechter Stress
Auswirkungen auf Körper
Folgen
Signale
Selbsttest
Vorbeugen
Hilfe bei Stress

"Mensch, war das heute wieder ein Stress!", stöhnt Michael (16), als er von der Schule nach Hause kommt und erst mal seinen Ranzen in die Ecke gepfeffert hat, bevor er sich erschöpft auf sein Bett plumpsen lässt.
"Ich hab heute keinen Bock drauf. Bin viel zu geschafft!", entgegnet Jürgen (13) seinem verdutzten Freund, der ihn am Freitagnachmittag zum täglichen Fußballspielen abholen möchte.
"Ich bin viel zu müde dazu!", wiegelt Marion (15) den Vorschlag ihrer Muttter ab, nach dem Abendessen noch mal kurz auf den Tennisplatz zu fahren, Tennis ist nämlich die gemeinsame Leidenschaft der beiden.

Drei Fälle, aber wahrscheinlich ein und dasselbe Problem: Stress.
Jürgen und Marion sprechen es zwar nicht direkt aus, aber wer freiwillig auf geliebte Tä-tig-keiten verzichtet, weil sie ihm "zu viel" sind, der ist wahrlich gestresst.
Stress schon bei Jugendlichen? Gibt´s das?
Leider ja. Und leider immer häufiger.
Daher macht es durchaus Sinn, zu schauen, was es mit dem Begriff "Stress" tatsächlich auf sich hat. Was Stress eigentlich ist und was das Gefährliche daran, woran man ihn erkennt, warum er uns überhaupt etwas angeht...
Lies nach, ob du vielleicht schon selbst gefährdet bist!
Wenn ja: Tu was dagegen!


Was ist Stress?

Mit dem Begriff Stress bezeichnen die Wissenschaftler einen Zustand erhöhter Alarm-bereitschaft des Körpers. Wenn du unter Stress stehst, zapft dein Organismus seine Kraft-reserven an und bereitet sich darauf vor, bei Bedarf auf Gefahren schnell reagieren zu können.


Stress gehört zum Leben

Stress gehört zum normalen Leben dazu, so wie Aufregung, Belastungen und Heraus-forderungen einerseits, und Freude, Spaß oder Erfolg andererseits. All diese Dinge sind selbstverständlich und auch wichtig. Sogar der Stress, denn er verschafft uns einen an-re-genden Reiz. Absolute Reizarmut wäre nämlich unerträglich.


Welche Situationen lösen Stress aus?

Man unterscheidet folgende Ursachen für Stress:

1. Körperliche Belastungen wie Lärm, Kälte, Hitze, Überarbeitung, Hunger, Verlet-zungen, Krankheiten, Überanstrengung,

2. psychische Verursacher wie Angst, Schreck, Leid oder Unsicherheit (z.B. in der Schule),

3. sogenannte soziale Auslöser wie Armut, Einsamkeit, Arbeitslosigkeit, Probleme in Schule/Beruf oder in der Familie,

4. künstliche Stressfaktoren wie Reizüberflutung durch die Medien, Anforderungen durch die Technik, Drogen, Medikamente, Konsumzwang, Geschwindigkeitsrausch usw.


Es gibt guten und schlechten Stress

Guter Stress ist derjenige, der uns hilft, den Herausforderungen des Lebens trotzen zu können, indem er den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzt. Solange du dich zwischen den einzelnen Stresssituationen genügend lange erholen kannst, schadet er auch nicht. Im Gegenteil. Wir brauchen sogar ein bestimmtes Maß an Reizen, um wider-standsfähig zu bleiben. Dieser gute Stress, der dich zu Höchstleistungen beflügeln kann, heißt positiver Stress (Eustress). Den brauchst du beispielsweise vor einer Probearbeit oder einem Sportwettkampf.

Wenn du dir jedoch zu viele Belastungen zumutest, dann kann dich der Stress krank ma-chen, man spricht dann von schädlichem Stress (Dystress).


Was bewirkt Stress im Körper?

Wenn du dich in einer Stresssituation befindest, dann schüttet dein Körper die beiden "Stresshormone" Adrenalin und Noradrenalin ins Blut aus. Vielleicht hast du ja schon mal die Redewendung "Das hat meinen Adrenalinspiegel steigen lassen!" gehört.

Diese beiden Hormone bewirken, dass dein Herz schneller und kräftiger schlägt, dein Blutdruck ansteigt, deine Bronchien sich weiten und du intensiver atmest. Dein Blutzu-ckerspiegel als Energiequelle erhöht sich und deine Skelettmuskulatur wird besser durch-blutet. Dafür stellen andere Organe wie Magen, Darm oder Blase ihre Funktion vorübergehend ein und dein Immunsystem (Abwehrsystem gegen Krankheiten) fährt seine Leistung ebenfalls herunter.

Du siehst also, dass dein Körper seine Leistungsbereitschaft insgesamt enorm steigert, allerdings auf Kosten deines Abwehrsystems. Und das ist der Knackpunkt beim Stress. Du wirst Krankheiten gegenüber anfälliger.


Folgen von Stress

Wie gesagt, Stress als solcher ist nicht unbedingt schädlich, sondern die Menge macht´s!

Zuviel Stress ist vor allem dann schädlich, wenn er nicht richtig verarbeitet wird. Gerätst du in einen ständigen Spannungszustand ("unter Strom stehen"), aus dem du nicht mehr herauskommst, dann wird dein Körper irgendwann darauf reagieren, schlimmsten-falls mit Herzinfarkt, Magengeschwür oder Schlaganfall. Klar, das passiert nicht sofort morgen, aber diese Patienten werden immer jünger. So gibt es Herzinfarktpatienten um die 30 und ein Schlaganfall bei Leuten Anfang 20 ist längst kein Einzelfall mehr...

Die geschilderten Fälle und Folgen sind natürlich Extrembeispiele. Doch auch die weni-ger "schlimmen" Folgen von Stress sind immer noch schlimm genug!

Unser Körper verfügt über die Fähigkeit, in Extrem-Situationen besonders heftig zu rea-gieren, also eine Art Schutzsystem für Notfälle. Wenn du nun aber immer zu stark auf die Anforderungen und Ansprüche reagierst, die Schule, Familie, Sport usw. an dich stel-len, dich also in ständiger "Alarmbereitschaft" befindest, dann missbrauchst du deine körpereigenen Schutzmechanismen. Sie werden dir zu Gewohnheit und andauernd belastet. Das führt dazu, dass deine Kräfte schneller verschleißen und deine Energiere-serven, die ja eigentlich nur für außergewöhnliche Situationen gedacht sind, vorzeitig aufgebraucht sind. Du hast dann künftigen Belastungen oder einer Krankheit nichts mehr entgegenzusetzen.


Erkenne die Signale!

Wenn du deinem Körper zu viel Stress zumutest, beschwert er sich bei dir mit einer ganzen Reihe von Signalen: Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen, Zittern, Zähneknir-schen, gereiztes Lachen, nervöses Blinzeln usw. Diese Signale sind allesamt Zeichen von verstärkter Muskelanspannung.

Weitere Anzeichen von zuviel Stress sind außerdem ein trockener Mund, Schwitzen, Herzklopfen oder ein beschleunigter Puls.

Außer auf deinen Körper wirkt sich der Stress auch auf deinen Gemütszustand, deine seelische Verfassung aus. Dies äußert sich dann in Angst, Schlafstörungen, Gereiztheit, Niedergeschlagenheit oder Stimmungsschwankungen.

Wenn du auf diese Warnungen deines Körpers über einen längeren Zeitraum nicht hörst, können sich die Belastungen regelrecht aufstauen und zu einer sogenannten psychosomatischen Krankheit (= Krankheiten, die psychische Ursachen haben, sich aber auf den Körper auswirken) führen. Typische psychosomatische Krankheiten in eurem Alter sind beispielsweise Magersucht, Bulimie, Angstzustände oder auch Depres-sionen. Du siehst also, wie wichtig es ist, rechtzeitig die Bremse zu ziehen!

Mache mal kurz den Stress-Test:

Du bist stressgefährdet, wenn folgende Aussagen auf dich zutreffen:

  • Ich bin in letzter Zeit ziemlich müde, gereizt, launisch, ausgepowert und niedergeschlagen.

  • Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich inzwischen mit den alltäglichen Belastungen durch die Schule, Hobbys oder Familie nicht mehr so gut fertig werde wie früher.

  • Manchmal bin ich dermaßen erschöpft, dass ich mich nicht einmal zu Dingen, die mir sonst eigentlich großen Spaß machen, aufraffen kann.

  • Ich will meine Aufgaben immer möglichst perfekt erledigen und gehe dabei auch mal an die Grenzen meiner Belastbarkeit (Lernen, Trainieren bis zum "Umfallen").

    Ich hoffe nicht, dass du viermal "stimmt" geantwortet hast...


    Wie kann ich Stress vorbeugen?

    Plane deinen Tagesablauf!

    Dazu brauchst du kein fettes wichtigtuerisches Filofax, nein, das geht auch im Kopf oder mit knappen Notizen. Überlege dir jeweils am Abend vorher, was für den nächsten Tag ansteht. Unterscheide dabei nach Dingen, die sehr wichtig sind und erledigt werden müs-sen, und solchen, die du auch noch verschieben könntest. Du kannst deine Ergeb-nis-se kurz auf einem Zettel aufschreiben, allerdings sollten nicht mehr wie drei feste Punkte draufstehen. Schätze die benötigte Zeit sehr großzügig ein und plane vor allem Pausen ein. Ein durchgehender Terminreigen ohne weiße Flecken ist streng verboten! So behältst du nicht nur die Übersicht über deine "Geschäfte", sondern vermeidest auch ein unnötiges, und vor allem ungesundes Herumhetzen!

    Übrigens: du sollst nicht zum gegängelten Sklaven deines Tagesplanes werden, son-dern ihn als eine Art Leitfaden verstehen, okay?

    Genieße deinen Feierabend!

    Schule ist Arbeit, und jeder Arbeiter hat einen Anspruch auf Feierabend. Zum Entspan-nen, Erholen, Auffüllen seiner Batterien. Ziehe also nach den Hausaufgaben einen di-cken Schlussstrich und genieße dann deine Freizeit bei Beschäftigungen, die du magst. Das kann Sport sein oder auch Faulenzen. Wichtig ist, dass deine Freizeit dich nicht in Hektik verfallen lässt, denn dann wäre es mit dem Relaxen gleich Null!

    Das wäre ja noch schöner, wenn du für deine Freizeit eine Art "Leistungsnachweis" er-brin-gen müsstest, mit dem du dich rechtfertigst, deine Freizeit auch ordentlich genutzt zu haben! Quatsch! Du machst einfach das, was die Spaß macht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Basta.

    Tanze nicht auf zu vielen Hochzeiten!

    Montags Tennis und Kinotag, dienstags Computerkurs und Schwimmen, mittwochs Tanzstunde, donnerstags Fitnesscenter, freitags Nachhilfe und Aerobic, samstags Turnier und Disco, sonntags Billardrunde und Spielnachmittag, dazwischen Einkaufs-bummel, spontane Unternehmungen und Hausaufgaben. Und außerdem gibt es da noch zwei tolle neue Sportarten, die du gerne mal ausprobieren, und einen Kurs an der Volkshochschule, den du belegen möchtest...

    Halt! Wenn diese Liste deinem Freizeitprogramm nicht ganz unähnlich ist, solltest du dringend etwas kürzer treten, wenn du nicht mit 40 einen Herzinfarkt haben willst!

    Beschränke dich auf wenige Hobbys und ziehe die konsequent durch! Das ist nicht so hektisch und verschafft dir tolle Erfolgserlebnisse in den Dingen, die dir wirklich etwas bedeuten. Statt Hobby-Hüpfen lieber Hobby-Eintauchen...

    Du hast Angst, etwas zu versäumen? Denk doch mal kurz nach: genug Zeit für alle Sportarten, alle Instrumente, alle Kurse etc. hast du ohnehin nicht, dann ist es auch wurscht, ob du zwei mehr nicht ausprobieren kannst, oder?

    Bekämpfe den Stress anstatt ihn zu betäuben!

    Hältst du Fernsehen, Süßigkeiten, betäubenden Heavy-Metal-Sound aus dem Walkman oder gar Rauchen für geeignete Anti-Stress-Mittel? Dann unterliegst du einer Täuschung, denn diese Mittel helfen dir nicht bei Stress, sondern betäuben ihn lediglich und die unangenehme Spannung bleibt bestehen. Sei also lieber zurückhaltend damit und gehe lieber aktiv gegen den Stress an!


    Was hilft bei Stress?

    Sport

    Sport ist bei Stress besonders gut, denn mit viel körperlicher Anstrengung und Bewegung kannst du die angesammelten Stresshormone körpergerecht verarbeiten, so dass du sie los wirst, ohne Schaden zu nehmen. Sport bringt dich nämlich auf andere Gedanken, entspannt dich herrlich und macht dich wieder fit. Und zwar körperlich und geistig! Du schläfst außerdem besser und wirst insgesamt unempfindlicher gegen Stress.

    Vorausgesetzt, du entwickelst nicht einen übertriebenen sportlichen Ehrgeiz, so dass du beim Sportreiben gleich in die nächste Stresssituation gerätst...

    Spaß und Abreagieren statt verbissener Kampf heißt die Devise!

    Entspannungstechniken

    "Du musst dich entspannen!" Ein blöder und vor allem wirkungsloser Spruch, wenn man nicht weiß wie.

    Es gibt verschiedene einfache Entspannungsmethoden (Yoga, Autogenes Training, Qi-Gong, Tai Chi...), die du leicht selbst erlernen und anwenden kannst. Da es einen extra Artikel über Entspannung gibt, möchte ich dir hier nur eine Entspannungsübung vorstellen:

  • Lege dich für ein paar Minuten auf dem Fußboden oder deinem Bett ausgestreckt hin.

  • Denke dich nun in eine bestimmte Muskelpartie deines Körpers hinein, z.B. konzentriere dich ganz bewusst nur auf deine Arme oder Schultern.

  • Atme nun ganz langsam und tief durch die Nase ein. Während du langsam wieder ausatmest, wirst du spüren, wie ein entspannendes Gefühl durch deinen gesamten Körper strömt.

  • Du kannst dir auch vorstellen, wie sich eine Welle der Entspannung von dem Muskel, an den du gerade so fest denkst, über den Rest des Körpers fließt. Wiederhole diese langsame Ein- und Ausatmen einige Male, bevor du dich wieder deinen Hausaufgaben oder einer anderen Beschäftigung widmest.

  • Sollte es mit dem Konzentrieren auf einen bestimmten Körperteil nicht klappen, dann kannst du auch die betreffenden Muskeln anspannen, damit du diese Körperpartie genau "spürst". Lasse sie danach wieder locker. Auf diese Weise kannst du ebenfalls Verspannungen lösen.

    Übe jeden Tag einige Minuten lang, immer wenn du dich nicht gut fühlst, und du wirst sehen, dass es mit jedem Male besser funktioniert und das entspannende Gefühl schneller einsetzt und intensiver wird.

    Klar, dass die Umstellung vom gestressten Hektik-Junkie auf den ausgeglichenen und gelassenen Entspannungs-Meister nicht von heute auf morgen klappt. Das erfordert schon eine gewisse Umstellung. Die sich aber langfristig auf jeden Fall rentieren wird!

    Also: "Stress lass nach!" statt "Voll die Hektik!"



    © 2000 Anja Gerstberger