Vegetarismus

- eine gesunde Ernährungsform oder was für Spinner?

Begriffserklärung
Formen des Vegetarismus
Gründe für diese Ernährungsform
Fehlende Toleranz zwischen Vegetariern und Fleischessern

Vegetarismus, das "seltsame Verhalten" vereinzelter Idealisten und Weltverbesserer, die man mitleidig belächelte und mit einer Mischung aus Neugier und Interesse wie eine seltene Tiergattung im Zoo betrachtete, wurde bis vor wenigen Jahren noch als eine Art vorübergehende, kurzlebige Zeitgeisterscheinung betrachtet.
Doch inzwischen kann von einer Randerscheinung einiger weniger Sonderlinge längst nicht mehr die Rede sein. Im Gegenteil, die bekennenden Anhänger des Vegetarismus werden immer mehr und vor allem auch immer jünger.
Die Wahrscheinlichkeit dürfte ziemlich groß sein, dass du einen sogenannten "Veggie" persönlich kennst, denn gerade unter den Jugendlichen nimmt die Begeisterung für den Vegetarismus im Vergleich zur übrigen Bevölkerung überproportional zu.
Grund genug, das Thema in einem Jugendmagazin mal anzugehen:

Was bedeutet Vegetarismus eigentlich?

Vegetarismus ist wissenschaftlich klar definiert als "eine Lebensweise, bei der vollständig auf das Töten von Tieren verzichtet wird". Im engeren Sinne meint Vegetarismus eine bestimmte Ernährungsform und im weiteren Sinne eine eigene Lebenseinstellung.
Vegetarier, auch Veggies genannt, sind Menschen die sich aus verschiedenen Motiven heraus fleischlos ernähren bzw. auf sämtliche tierischen Lebensmittel und Konsumgüter verzichten. Diese "radikalen" Vegetarier, die sämtliche Tierprodukte ablehnen zeigen dadurch gleichzeitig auch eine bestimmte Lebenseinstellung und Geisteshaltung, nämlich die, die Tiere als dem Menschen gleich gestellte Lebewesen zu betrachten und dementsprechend zu achten, aber nicht zu Konsumzwecken auszubeuten.

Vegetarier ist nicht gleich Vegetarier

Bei den Vegetariern lassen sich je nach der Strenge ihrer Verbote folgende drei Gruppen unterscheiden:

Ovo-Lacto-Vegetarier

Die "gemäßigsten" unter den Vegetarierern ernähren sich ohne Fleisch und Fisch, verzichten aber nicht auf die tierischen Produkte Eier, Milchprodukte oder Honig.
Die meisten Vegetarierer zählen zu dieser Gruppe.
Aufgrund ihres ausreichenden Eiweißkonsums müssen sie keine Mangelerscheinungen fürchten.

Lacto-Vegetarier

Die Lacto-Vegetarier gehen noch eine Stufe weiter als die Ovo-Lacto-Vegetarier, indem sie außer Fleisch und Fisch auch Eier von ihrem Speiseplan gestrichen haben. Sie ernähren sich von pflanzlichen Lebensmitteln sowie von Milchprodukten und kommen "eiweißmäßig" ebenfalls auf ihre Kosten..

Veganer

Die vermutlich kleinste Gruppe der Vegetarier lehnt tierische Lebensmittel jeglicher Art ab und ernährt sich ausschließlich von pflanzlichen. Viele von ihnen weiten ihre ablehnende Haltung auch auf tierische Alltagsprodukte wie Leder, Pelz, Wolle oder Seide aus. Veganer müssen, wenn sie Mangelerscheinungen vorbeugen wollen, auf einen ausgewogenen Speiseplan achten, um das normalerweise in tierischen Produkten enthaltene Eiweiß, Kalzium, Eisen du Vitamin B 12 in ausreichender Menge zu verzehren.

Gründe für vegetarische Ernährung

Tierschutz

Zu Beginn einer "Veggie-Karriere" steht nicht selten ein negatives Schlüsselerlebnis: ein aufrüttelnder Fernsehbericht über die Zustände bei Tiertransporten, in Legebatterien oder Schlachthöfen oder ein Zeitschriftenbeitrag über Tierquälerei, Tierversuche u.ä.
Mit ihrem Fleischverzicht wollen sie gegen die rücksichtslose Ausbeutung und nicht artgerechte Haltung protestieren, aber auch für gefährdete Arten eintreten und fremdländische, barbarischen Methoden anprangern: abgeschlachtete Robbenbaby, Schildkrötensuppe, Froschschenkel usw.

Seuchen

Anderen Vegetariern ist der Appetit auf Fleisch nach den Fleischskandalen der letzten Jahre vergangen. Schweinepest und die Rinderseuche BSE hören sich ja auch nicht besonders lecker an... Da derartige Probleme in der Tierzucht nicht selten "hausgemacht" sind, beispielsweise durch Futtermittel, die aus Tierkadavern gewonnen wurden, aber die Gesetzgebung derartige fragwürdigen Methoden nicht einschränkt, ist der Vegetarismus für engagierte Menschen die logische persönliche Konsequenz.

Religion

Einige Religionen "verbieten" ihren Gläubigen bestimmte Fleischsorten oder den Fleischverzehr überhaupt. Dies betrifft vor allem den Buddhismus oder den Hinduismus.

Ethik

Tiere werden als dem Menschen gleichwertige Geschöpfe gesehen und respektvoll behandelt. Diese Auffassung erlaubt es dann natürlich nicht, Tiere unter unwürdigen Umständen zu halten, für Versuche zu missbrauchen und für die eigenen Bedürfnisse auszubeuten und zu verwerten.

Ökologie

Unser Planet ist längst überbevölkert, ein Großteil der Erdbevölkerung unterernährt, während der andere Teil mit zum Teil "angefressenen" Wohlstandskrankheiten kämpft. Die Vegetarier argumentieren nun so, dass mit den Anbauflächen für das Futtermittel der Tiere viel mehr Menschen satt gemacht werden könnten, wenn man statt dessen Getreide anbauen und die Menschen ihre Ernährung umstellen würden.
Sie erachten es als eine schlimme Verschwendung von Rohstoffen, wenn Unmengen pflanzliches Eiweiß, von dem sich viele Menschen ernähren könnten, zur Herstellung von nur geringen Mengen tierischen Eiweißes, sprich Fleisch, verwendet werden.
Davon mal abgesehen, dass die Tiergülle zusätzlich das Grundwasser verdirbt...

Gesundheit

Vegetarier leben gesünder als Fleischesser, denn sie leiden wesentlich seltener an Übergewicht, hohem Blutfettspiegel, überhöhtem Blutdruck, Allergien, Herz- und Kreislauferkrankungen oder Krebs. Allesamt Krankheiten, die durch den Verzehr von tierischen Fetten gefördert werden. Die bessere Gesundheit der Vegetarier lässt sich dadurch erklären, dass die pflanzlich orientierte Kost der Vegetarier mehr Krebs vorbeugende Stoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die das Immunsystem stärken.

Müssen sich Vegetarier und Fleischesser immer streiten?

Eigentlich nicht, und doch kommt es unter diesen beiden Gruppen immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen und hitzigen Diskussionen mit gegenseitigen Beschuldigungen. Hier die militanten Tierschützer, die ihren Protest selbst mit kriminellen Befreiungs- und ähnlichen Aufsehen erregenden Aktionen kundtun, dort die gefühllosen Fleischesser und skrupellosen Tiermörder.
Auf beiden Seiten viele Vorurteile und wenig Toleranz.
Warum kann man den Mitmenschen nicht nach seiner Fasson leben lassen?
Wenn jemand Fleisch essen möchte, dann ist es sein Ding. Er hat immer noch die Möglichkeit, dies verantwortungsbewusst zu tun, indem er das eigens ausgezeichnete Biofleisch aus artgerechter Haltung kauft und die "schlechten" Produkte liegen lässt.
Umgekehrt sollte man den Vegetariern ihre "Körnerkost" und "Grünfutter" (das ist jetzt in keiner Weise abwertend gemeint!!!) lassen. Eben jedem das Seine!
Mit einer Einschränkung allerdings: Gerade die Veganer sollten sich gut überlegen, ob die von ihnen gewählte Ernährungsform auch für ihre Kinder das Gesündeste ist!
Denn erstens haben die sich ihr Essen nämlich nicht ausgesucht und zweitens melden Ernährungsexperten ernste Bedenken an, was die Ausgewogenheit und Verträglichkeit dieser Kost für kleine Kinder betrifft.
Und euch wünsche ich weiterhin guten Appetit.
Egal, ob mit oder ohne Fleisch.

© 1999 Anja Gerstberger