Abenteuer Pubertät

Nervsätze der Eltern
Zu groß, zu klein
Achterbahnfahrt der Gefühle

Die Pubertät ist ein einziges großes Abenteuer.

Mit allem, was dazu gehört: Aufregungen, Entdeckungen, Herausforderungen, Schwierigkeiten, Stürme, Flauten, Ängste.

Vor dir eröffnet sich ein unbekanntes Gebiet. Eine Reise ins Ungewisse.

Aber tröste dich: Bisher hat noch jeder dieses Abenteuer überstanden und ist als Held zurückgekehrt. Was immer man auch unter einem Helden verstehen mag...

Lies nach, was dich auf dieser Expedition zwischen Kindheit und Erwachsenenwelt erwartet!

Nervsätze der Eltern

Bisher bist du mit deinen Eltern eigentlich ganz prima zurechtgekommen.

Doch plötzlich ist alles anders. Ihr kriegt euch viel häufiger in die Wolle. Beinahe täglich Streit und dicke Luft. Ein Meer von Vorschriften und Verboten bricht über dich herein. Und plötzlich bekommst auch du folgende Nervsätze zu hören, die du bereits aus den Erzählungen deiner Freunde nur allzu gut kennst:

• "Wie siehst du denn aus - wie ein Flittchen!"

• "Hast du schon wieder einen neuen Freund? Was sollen nur die Leute von dir denken?"

• "Du bist jetzt wirklich alt genug, um im Haushalt zu helfen!"

• "Nein! Also dafür bist du noch zu jung! Wer weiß, was ihr an dem Wochenende alles anstellt!"

• "Also oben ohne kannst du jetzt nicht mehr gehen. Aus dem Alter bist du heraus!"

• "Meinst du nicht, du bist noch etwas zu jung für einen festen Freund?"

• "Mach dich doch mal ein wenig hübsch! So kann man sich ja unmöglich mit dir sehen lassen!"

• "Warum auf einmal so zickig und verklemmt? Wir wären froh gewesen, wenn bei uns zu Hause Nacktheit etwas Selbstverständliches gewesen wäre!"

• "Du könntest ruhig mal was für deine Figur tun!"

• "Musst du denn dauernd in dieses Fitnessstudio rennen? Dort sind wohl irgendwelche Typen, auf die du es abgesehen hast?"

• "Du musst unbedingt mehr für die Schule tun!"

• "Musst du den ganzen Sonntag verpennen?"

• "Ich will nicht, dass du bei fremden Leuten übernachtest!"


Zu klein, zu groß - was nun?

In keiner zweiten Lebensphase wirst du dich dermaßen zwischen den Stühlen fühlen wie während der Pubertät.

Was zuvor völlig klar geregelt war, gerät nun durcheinander. Du scheinst dich in einem Art Vakuum zu befinden, einem Raum, in dem du nicht mehr Kind sein darfst, aber auch noch nicht Erwachsener. Zu alt für dies, noch nicht alt genug für jenes. Dieser blöde Zustand wird morgen auch noch nicht vorbei sein, sondern sich über eine lange Zeit hinziehen, nämlich einige Jahre.

Du kannst dich mit einem Fluss vergleichen, der sich aufs Meer zu bewegt. Als schmaler Bach (Kindheit) hast du in den Bergen freie Bahn und plätscherst sorglos dahin. Mit zunehmender Breite (Jugend) hast du es jedoch schwerer und kannst nicht immer deinem dir eigenen Lauf folgen, sondern musst dich von Schleusen (Eltern) bremsen oder deinen Lauf von außen in eine vorgegebene Bahn (Schule) lenken lassen. Manchmal wird dein Pegelstand anschwellen (Krise, Ärger), ein anderes Mal wirst du ruhig dahin fließen (Zufriedenheit, Glück, Erfolg) und dich an deiner Umgebung (Freunde, Partnerschaft) erfreuen.

Und eines fernen Tages wirst du endlich das weite Meer erreicht haben und erwachsen sein...


Dafür bist du schon viel zu groß:

• Um ohne Oberteil am Strand herumzulaufen

• Um mit Puppen oder Autos zu spielen

• Um ohne BH zu gehen

• Um an Nikolaus deinen Stiefel vor die Tür zu stellen oder an Ostern nach versteckten Schokoladehasen und Eiern zu suchen

• Um mit deinem Bruder/Cousin (wenn du ein Mädchen bist) oder mit deiner Schwester/Cousine (wenn du ein Junge bist) in einem Zimmer zu schlafen

• Um Überraschungseier geschenkt zu bekommen

Und dafür noch viel zu klein:

• Um alleine in Urlaub zu fahren

• Um mit dem Partner in Urlaub zu fahren

• Für einen festen Freund

• Um dich zu schminken

• Um Schuhe mit hohen Absätzen zu tragen

• Um etwas von Politik oder Wirtschaft zu verstehen


Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt

Kennst du dieses ständige Wechselbad der Gefühle zwischen totalem Gut-Drauf-Sein und undefinierbarem Weltschmerz, ein ständiges Hin und Her, das dir selber gehörig auf den Keks geht, weil du fühlst, dass du irgendwie keine richtige Kontrolle über dich hast?

Keine Angst, das ist in deinem Alter ganz normal! Wie dein Körper, so befindet sich nämlich auch deine Seele in einer Phase extremer Veränderung. Dann kommt es eben mal vor, dass du gerade noch völlig aufgekratzt und ausgelassen am liebsten die ganze Welt umarmen würdest und dich im nächsten Moment am liebsten in eine stille Ecke verkriechen würdest, weil dich alles nervt und zu viel ist, und dich außerdem eine unbestimmte Traurigkeit überkommt, für die es eigentlich überhaupt keinen Grund gibt.

Gibt es eine Erklärung dafür?

Oh ja, nämlich, dass du reifer geworden bist und nicht mehr das kleine Kind, dem man noch alles Mögliche auf die unkritische Nase binden kann. Dein Blick für die Wahrheit ist geschärfter und du erkennst nun sehr wohl, dass das Leben kein endloses, schönes Spiel ist, sondern manchmal auch ganz schön anstrengend und belastend sein kann. Deine Seele muss diese Erkenntnis zwar erst mal verdauen, aber sie wird dabei auch wachsen und stark werden.

Außerdem wirst du in diesen Jahren zu einem kleinen Rebellen, der gerne protestiert und sich mit Haut und Haaren für die Gerechtigkeit einsetzt sowie für Dinge, die ihm wichtig sind. Das sind meist andere, als die der Erwachsenen, so dass Reibereien vorprogrammiert sind. In keiner anderen Phase deines Leben wirst du dich mit so viel Herz und Begeisterung für eine Sache einsetzen wie als Jugendlicher.

© 2000 Anja Gerstberger