Brennpunkt Ausländerfeindlichkeit

Warum ich mich für Deutschland schäme

Seit einigen Wochen beherrscht das Thema Ausländerfeindlichkeit aus traurigen Anlässen die Medien.

Jahrelang vernachlässigt, im allgemeinen Bewusstsein nur im hintersten Hinterkopf vorhanden. Wenn überhaupt. Berichte über ausländerfeindliche Übergriffe tauchten lediglich vereinzelt auf. Als unauffällige, unbebilderte Mini-Meldungen auf den Stiefseiten der Zeitungen. An die Wand gespielt von den viel schlimmeren Kampfhundeattacken. Ja, Kampfhunde waren sowieso ein viel besseres Thema! Zerfleischende Bestien, die auf unschuldige Kinder losgehen. Die Hunde kann man aus dem Verkehr ziehen und die Hundehalter zur Rechenschaft. Hier in Deutschland wird schließlich für Ordnung gesorgt!

Seltsam, dass das mit dem Ordnung halten bei den glatzköpfigen Bestien, die auf unschuldige Ausländer losgehen, nicht so gut klappt. Oder zumindest bisher nicht.

Wie auch?

Die Bestien sind Deutsche, und welcher (gute) Deutsche will sich schon offen eingestehen, dass es unter seinen Landsleuten auch Bestien gibt? Außerdem gibt es da keine Halter, die man verantwortlich machen kann. Niemand will Ausländerhasser falsch abgerichtet, pardon, erzogen haben. Aber zu lange geschwiegen, weggeguckt und zugeschaut.

Erst wenn die ach so wichtige Wirtschaft kommt und sich darüber beklagt, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort durch zu viele schädliche Medienberichte (das grässliche Bombenattentat in Düsseldorf konnte schließlich nicht verharmlost werden) über ausländerfeindliche Übergriffe Schaden nehmen könnte, geht endlich ein Ruck durchs Volk.

Wirtschaftliche und damit im Grunde eigennützige Interessen sind letzten Endes ausschlaggebend dafür gewesen, dass wir uns in unserem fortschrittlichen Land endlich um die Einhaltung der Menschenrechte kümmern.

Für diese traurige und erbärmliche Tatsache schäme ich mich persönlich am meisten.

Gedanken einer betroffenen Nicht-Betroffenen:

Im Folgenden beschreibe ich völlig subjektiv meine Wahrnehmung von Ausländerfeindlichkeit und versuche zu zeigen, worin meiner Meinung nach die eigentliche Problematik liegt. Nämlich in der doppelzüngigen Scheinheiligkeit. Entweder nach außen hin tolerant, aber im Inneren nicht. Oder offen ausländerfeindlich, aber nicht konsequent.

Ich habe dabei bewusst deutlich übertrieben, damit es auch der Letzte kapiert.

Alle Neger zurück in den Busch!

Das gilt natürlich nicht für Sammy Kuffuor, Barbara Becker, Roberto Blanco, Pierre Sanoussi-Bliss, Arabella Kiesbauer und Ron Williams. Bei denen ist es schließlich was anderes, denn die sind ja berühmt. Naomi Campbell finden wir übrigens auch klasse und über Eddie Murphy haben wir uns schlapp gelacht.

Alle Schlitzaugen und sonstige Asiaten raus!

Bum Kun Tscha war wirklich ein toller Fußballspieler. Und Jie Schoepp kann noch etliche Medaillen für Deutschland holen. Die China-Resaturant-Besitzer dürfen ebenfalls bleiben. Weil sie exotischen Flair verbreiten und so leckeres Schweinefleisch süßsauer zubereiten können. Die knusprigen Frühlingsrollen nicht zu vergessen. Vanessa Mae würden wir auch einbürgern wollen. Falls sie wollte. Und auf die Computer-Inder freuen wir uns richtig, ehrlich! Die werden wir wie rohe Eier behandeln und so richtig schön verhätscheln.

Die Genannten sind rühmliche Ausnahmen, denn die tun ja was für Deutschland. Nicht so wie die Philippinas, die uns die deutschen Männer wegheiraten. Oder die Vietnamesen, die durch ihre ständigen Schmuggelaktionen unseren guten Ruf versauen. Und die Drogen ins Land geholt haben, die jetzt unsere Kinder gefährden...

Kümmeltürken und Spaghettifresser

Dass sie unseren Dreck wegräumen und unseren Gaumen mit Pizza - übrigens das absolute Lieblingsgericht sämtlicher deutscher Kinder und Jugendlicher! - und Döner erfreuen, muss ja noch lange nicht heißen, dass sie auch die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen sollen. Höchstens, wenn sie uns künftig ihren unzumutbaren Kopftuch-Anblick ersparen und keine Ansprüche stellen. So was wie Moscheen bauen oder muttersprachlicher Unterricht an der Schule kommt nicht in die Tüte!

Aussiedler

Hm, schwierig. Der Kopf weiß zwar sehr wohl, dass Russlanddeutsche Deutsche sind. Aber mit ihrem harten Akzent und ihren undeutschen Namen wie Dimitri und Ludmila tun wir uns doch etwas schwer. Darum gehen wie ihnen auch möglichst aus dem Weg.

Auf die Spitze getrieben: Ossi-Wessi

Eingebildete Besser-Wessis hier, ewig jammernde und gierige Nie-zufrieden-Ossis dort. Was unser innerdeutsches Problem mit Ausländerfeindlichkeit zu tun hat? Tja, scharf nachdenken, Leute...!

Selber Ausländer!

Die Deutschen sind ja allesamt Braune! Trinken Bier, essen Sauerkraut und sind langweilige Erbsenzähler, die mit Mann und Maus stramm stehen und das tun, was die oben ihnen vorgeben. Spießige Arbeitstiere mit Gartenzwergen im Vorgarten, lauter Vereinsmeier mit Urlaubsabo auf Mallorca. Diszipliniert und ordnungsliebend, aber ohne Temperament und Lebensfreude. Und Fußball spielen können sie auch nicht mehr...

Nee, die kommen uns nicht ins Land!

Horrorszenario: Ein reindeutsches Deutschland

Was wäre, wenn es in Deutschland keine ausländischen Mitbürger mehr gäbe?

• Der Sport würde schlechter.

• Das Essen eintöniger.

• Der Arbeitskräftemangel stärker.

• Das Einkaufen lanweiliger.

• Die Stadtbilder weniger bunt.

• Das Wissen vom Rest der Welt wäre geringer.

• Die Vorstellungen von den fremden Kulturen falsch und haarsträubend.

• Die Menschen noch verbohrter und weltfremder

• ...

Und ihr?

Wie lautet eure Meinung zum Thema?

Könnt ihr eigene Erfahrungen beisteuern?

Als Ausländer in Deutschland oder als Deutscher mit ausländischen Freunden?

© 2000 Anja Gerstberger