Die Clique Bedeutung Sie ist eure Zweitfamilie und für euch fast noch wichtiger als
die richtige. • Psychologen haben längst heraus
gefunden, dass während der Pubertät die sogenannte "Peer Group",
also die Gruppe der Gleichaltrigen, am bedeutendsten für den
jungen Menschen ist. Der gleichaltrige Freundeskreis (die Clique
oder "Bande") wird nicht selten zu einer zweiten Familie, in
machen Fällen sogar zu einer Art Ersatzfamilie, wenn nämlich die
eigene Familie zerrüttet, zerbrochen oder unvollständig ist. Die
Clique vermittelt ein Gefühl von "Aufgehobensein", was für
Jugendliche in einem Alter, in dem sie gegen sich und den Rest
der Welt kämpfen, immens wichtig ist. • Das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Clique wird vor allem
auch dadurch gestärkt, dass alle die gleichen Probleme mit
Aussehen, Schule, nervigen Eltern, Liebeskummer usw. haben und
daher leichter Verständnis füreinander aufbringen. Und sich
gegenseitig helfen können. • Allerdings ist der Freundschaftsbegriff innerhalb einer
Clique weiter zu fassen und nicht mit der innigen und von
grenzenlosem Vertrauen gekennzeichneten Freundschaft zwischen
zweier Mädchen ("Busenfreundinnen") bzw. Jungen ("dicksten
Kumpel") gleich zu setzen. So erfährt die Clique zwar vieles,
aber längst nicht alles. Dieses Vorrecht ist dem einen
Intimus/der einen Intima vorbehalten! • Die Größe einer Clique kann von bescheidenen drei bis vier
Mitgliedern, die immer zusammen stecken, bis über zwanzig
reichen und ist immer auch abhängig von der Art (s.u.) der
Gruppe.. Der Schnitt dürfte wohl so bei acht bis zehn Leuten
liegen. • Auch die "Lebensdauer" eines solchen Freundeskreises ist sehr
unterschiedlich. Sie kann nur wenige Monate (Tanzkurs) dauern,
einige Jahre (Schulklasse) oder gar Jahrzehnte (Sportler,
Organisationen). • Typisch für Cliquen sind bestimmte Rituale, deren sich die
Mitglieder selbst oftmals gar nicht bewusst sind, die aber von
den Außenstehenden als kennzeichnend für diese Gruppe wahr
genommen werden. Das können, überschwängliche Begrüßungsbussis,
bestimmte Sprachgewohnheiten, Treffpunkte, Gebärden u.ä. sein. Interessen Nach dem Motto "gleich zu gleich gesellt sich gern". Eigentlich
logisch, dass sich Leute mit denselben Hobbys oder Ansichten
zusammen tun. So wächst recht oft eine ursprünglich
zweckgebundene Interessensgruppe wie eine Sportmannschaft, eine
Umweltgruppe, Musiker usw. zu einem richtigen Freundeskreis
zusammen. Wer viel Zeit miteinander verbringt, kommt sich nun
mal zwangsläufig näher. Klamotten und andere Äußerlichkeiten Eigentlich ein ziemlich krasses und absolut oberflächliches
Motiv, um sich zusammen zu rotten. Zur Entschuldigung muss man
ergänzen, dass derartige Gruppen mit der Zeit auch so etwas
ähnliches wie ein "Programm" entwickeln und über den gemeinsamen
Kleidercode hinaus auch ähnliche Ansichten vertreten. Solange
diese optische Abschottung nach außen friedlich verläuft, hat ja
auch keiner was dagegen. Leider gibt es aber immer wieder mehr
oder weniger gewaltsame Zusammenstöße zwischen rivalisierenden
Gruppen. Beispiele: Punker, Popper, Rocker, Bodybuilder,
Barbiemiezen, Chiemsee-/Hilfiger-/Nike-
oder-was-weiß-ich-Jünger... Räumliche Nähe Vor allem in Großstädten oder auf dem platten Land tun sich
Jugendliche auch aus rein praktischen Gründen zusammen, um nicht
so weite Wege zu haben oder weil es gar nicht anders geht. Wer
nicht motorisiert ist, schätzt die Clique "um die Ecke" bzw.
gibt sich mit dem Angebot im eigenen Dorf zufrieden. Zumindest
bis man den Führerschein hat... Nach Geschlechtern Gleiche Sorgen, Ängste und Sehnsüchte machen aufgeschlossen für
Leidensgenossen. Wer kann einem bei Schminkproblemen,
Styling-Tricks, Menstruationsbeschwerden besser zuhören und
beraten als das eigene Geschlecht? Oder wenn es darum geht,
Mädchen anzubaggern, über Fußball oder Mopeds fachzusimpeln oder
Kondom- und andere Liebeserfahrungen auszutauschen? Gleichgeschlechtliche Cliquen bestehen vor allem in jungen
Jahren und werden zwangsläufig dann gemischt, wenn sich die
ersten Paare finden... A: Ein Boss und viele Mitläufer Einer ist der unumstrittene Chef, der den Ton angibt. Der Rest
der Herde folgt ihm blindlings nach. Die mit Abstand am
häufigsten vorkommende Variante, da am problemlosesten.
Problemlos deswegen, weil die Rollen klar verteilt sind und es
keine Machtkämpfe und Diskussionen gibt. Klappt so lange, bis
einer aufmuckt. Und dann rasch hinausgeschmissen wird. B: Zwei konkurrierende Wortführer mit angepassten Anhängern Zwei Möchtegern-Leitwölfe üben sich im Kräfte-Messen und
versuchen dabei, eine möglichst große Fangemeinde um sich zu
scharen. Ein ewiges Hin und Her. Das natürlich viel Unruhe in
die Gruppe bringt und sie aufreiben kann. Meist nur eine
Übergangsphase, entweder als Vorstufe zu Variante A oder das
Endstadium vor der endgültigen Auflösung der Clique. C: Lauter gleichberechtigte Mitglieder Entscheidungen werden demokratisch getroffen nach dem Motto:
"Die Mehrheit siegt und die Minderheit akzeptiert das Urteil".
Jede Meinung wird gehört, jede Stimme hat Gewicht und zählt bei
der Abstimmung gleich viel. Die tollste Form einer Clique, weil
man durch die Meinungsvielfalt alle Mitglieder neben der eigenen
immer auch andere Argumente und Denkansätze mitbekommt. Was
bereichert und vor Fanatismus schützt. Diese Variante gibt es
vor allem bei sehr großen Gruppen und auch älteren Jugendlichen,
da sie ein Mindestmaß an Reife und Toleranz erfordert. • Wie schon gesagt, vermitteln Cliquen
ihren Mitgliedern in ihrer Funktion als Zweitfamilie ein Gefühl
von Schutz und Geborgenheit, befriedigen also wichtige
menschliche Grundbedürfnisse. Eine Leistung, die vor allem
heute, in einer doch von Egoismus, Kälte und Gleichgültigkeit
geprägten Gesellschaft hoch zu bewerten ist. • Gemeinsame Unternehmungen lassen keine Einsamkeit oder
Langeweile aufkommen. Dabei muss es gar nicht immer die
Riesenaktion sein, es genügt allein das gemütliche
Zusammensitzen und Klönen. • Außerdem bietet die Clique Ablenkung von Problemen mit Eltern
und Schule. So kann man seine persönlichen Schwierigkeiten für
einige Stunden vergessen. Weg vom Ärger und dem Stress, dafür
Entspannung und Erholung. Ein gutes Geschäft! • Gleiches Alter mit den gleichen Kümmernissen des Alltags
verbindet. Weil man sich so gut in den anderen hinein versetzen
kann. Ihn versteht und selbst verstanden wird. Die Sprache ist
die gleiche, die Ausdrücke selbstverständlich, ein verbindender
Code. Ebenso die Achterbahn fahrenden Gefühle. Ein Pickel auf
der Nase ist für die anderen auch ein Problem. Auch wenn das die
Eltern offensichtlich nie kapieren werden. • Nicht zu vergessen die gegenseitige Unterstützung. Oft hilft
bereits das Gefühl, dass einem zugehört und man ernst genommen
wird, über den ersten Ärger und Kummer hinweg. Kommen dann noch
tröstende Gesten wie in den Arm genommen werden oder gar
tatkräftige Hilfe (z.B. Begleitung zum Arzt, Lehrer, Eltern)
hinzu, wird das Jammertal sicher sehr schnell durchschritten
sein. • Schließlich ist die Clique eine unverbindliche Gruppe, von
der man sich bei Bedarf bzw. auf Wunsch leichter lösen kann, als
es beispielsweise mit der leiblichen Familie, dem Partner oder
der besten Freundin/Freund der Fall wäre. Trennungen gehen für
alle Beteiligten weniger schmerzhaft über die Bühne. Ganz
einfach, weil die Bindungen weniger eng und weniger
verpflichtend sind. Wenn du gehst, lässt du vielleicht
beleidigte, aber wohl kaum ernsthaft verletzte oder gar
gebrochene Herzen zurück. Gruppenzwang Ein innige Verbundenheit und tiefe Freundschaft mit
Gleichgesinnten ist was wirklich Tolles. Solange sie dich nicht
in deiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Wenn du nicht
mehr anziehen, sagen, tun oder gar denken darfst, was du in
deinem Innersten eigentlich möchtest, ist was faul.
Cliquenwirtschaft ist gut, aber bitte nicht auf Kosten meiner
individuellen Entfaltung Dazu gehört auch, dass man dich dich
zum Rauchen oder Alkohol trinken zwingt, sondern akzeptierst,
wenn du bei etwas, das dir nicht behagt, nicht mitmachen
möchtest! Schaukämpfe Leider eine Krankheit in vielen Gruppen: Jeder meint, den
anderen beweisen zu müssen, wie toll er/sie ist. Da werden große
Sprüche geklopft, mit tollen Geschichten geprahlt und von
beeindruckenden Erlebnissen erzählt, deren Wahrheitsgehalt man
wohl lieber nicht überprüfen sollte. Echte Freunde haben dieses
aus dem Tierreich stammende Balzgebaren doch gar nicht nötig,
oder? Konkurrenzdenken Von lauter netten, charmanten, begabten und hübschen Mädchen
umgeben fühlt man sich plötzlich völlig unscheinbar. Genauso
neben lauter supercoolen, megasportlichen, muskelbepackten
Weiberhelden. Lass dich bloß nicht zu blöden Vergleichen
verführen. Die andern sehen dich immer mit anderen Augen als du
selbst. Und wie gesagt, von den Angebereien und angeblichen
Erfolgen der anderen brauchst du dich wirklich nicht
einschüchtern lassen. Ebensowenig zu unvernünftigen Hungerkuren
oder ungewollten Piercings bzw. Tatoos überreden lassen. Nur DU
zählst! Denk mal nach: möchtest du das begehrenswerteste Mädchen
der Schule sein, die jeden kriegen kann, wenn es dann vielleicht
heißt, sie ist eingebildet, zickig oder leicht zu haben? Merke
dir, jede Medaille hat zwei Seiten... Scheuklappendenken Einigkeit macht stark. Und oft auch blind und ungerecht. Blind
gegenüber offensichtlichen Wahrheiten (der neue Mitschüler ist
tatsächlich sympathisch und hilfsbereit, auch wenn er einen
komischen Dialekt spricht) und ungerecht im Verhalten zu
Andersdenkenden und Außenstehenden (dieser Streich ist gemein,
alle gegen einen ist feige...). Die Werte, Ansichten, Meinungen,
Ideale einer Gruppe sind schließlich nicht allgemeingültig! Wie
wär`s mit folgendem Grundsatz: "Jeder soll nach seiner Fasson
glücklich werden.."? Mutproben und andere Eingangstests Es soll tatsächlich noch so bescheuerte Cliquen geben, die
irgendwelche "Aufnahmebedingungen" wie Mutproben,
Kleiderordnung, Einführungsparty, Einweihungszeremonien auf
Kosten des Neuzugangs und ähnlichen Schwachsinn fordern. Mein
Tipp: Solche Idiotengruppen solltest du weiträumig umgehen... Bei ihnen ist nämlich zu befürchten, dass ihre "Tests" immer
härter werden. Nach dem Bier auf Ex kommt ein kleiner
Ladendiebstahl, ein erster Joint oder andere Drogen. Du hast
schließlich nur ein leben und eine Zukunft, die du dir nicht
wegen einem vorübergehenden Wunsch nach zweifelhafter
Anerkennung aufs Spiel setzen sollst. Auffälliges Gebaren Nicht schlimm, aber peinlich. Sicher hast du dich auch schon
mal über singende Wirtshausrunden, gackernde Mädchenhaufen,
grölende Sportfans oder halsbrecherische Wettfahrten
irgendwelcher Machos aufgeregt? Dann weißt du ja, was ich meine,
und denkst daran, wenn ihr euch das nächste Mal, was die
Lautstärke und das ausgelassene Verhalten anbelangt, eindeutig
von der Norm weg bewegt... Problemfelder innerhalb einer Gruppe Grüppchenbildung Je größer die Clique, desto größer die Gefahr, dass sich
innerhalb der Großgruppe mehrere Kleingruppen bilden. In Form
enger Zweier-Freundschaften ist das ja nicht schlimm, aber bei
drei und mehr Leuten besteht dann die Gefahr der Abspaltung. Ihr
braucht kein schlechtes Gewissen haben, wenn das bei eurem
Haufen vorkommen sollte. Menschen entwickeln sich nun mal stets
weiter und manchmal eben auch auseinander. Pärchenbildung Liebespaare innerhalb einer Clique sind was Schönes. Jeder
freut sich mit den Turteltauben und gönnt ihnen ihr Glück. Wenn
sich die Liebenden selbst genug sind und sich etwas absondern,
auch gut. Aber wehe, die Liebe zerbricht und das Paar trennt
sich. Wenn der Rest der Clique in die Trennung mit hinein
gezogen wird und plötzlich Partei ergreifen soll Das geht nur
selten gut und gibt meistens jede Menge Ärger. Bis schließlich
einer der beiden verletzt von dannen zieht. Was fast alle
bedauern. Pärchen mit Partner von außen Passt der Partner von seiner Persönlichkeit her zu Clique, null
problemo. Trübt die rosarote Brille der bis über beide Ohren
Verliebten den Blick für das Wesentliche, dann gibt es Ärger.
Weil der Neuzugang mit seinem Auftreten und seinen Ansichten den
gewohnten Frieden stört. Oft gärt es unterschwellig bis zum
großen Knall. Nach welchem das Pärchen verschwindet. Und später
der verlassene Partner wieder reumütig zur alten Clique
zurückkehrt. Die das verlorene Schäfchen wieder großmütig
aufnimmt. © 2000 Anja Gerstberger, Bilder: Copyright by Corel Draw und Eyewire Inc., verwendet in Lizenz
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