Rivalität
Oder ein zu hässliches Wort für eine eigentlich gute Sache
Unser Lebensweg ist gepflastert mit den unterschiedlichsten
Rivalen.
Mit den Geschwistern klopfen wir uns um das letzte Stück Kuchen
und buhlen um die Anerkennung unserer Eltern.
Mit den Geschlechtsgenossinnen kämpfen wir um Erfolg in der
gesamten Männerwelt oder um ein einzelnes, besonders
begehrenswertes Exemplar. Umgekehrt gilt das genauso. Das starke
Geschlecht will möglichst viele Frauenherzen erobern oder
speziell eines, wenn Amors Pfeil getroffen hat.
In der Schule treten wir gegen Rivalen im Kampf um den besten
Platz, bestimmte Ämter oder Leistungen an.
Selbst in der Freizeit, in der wir uns eigentlich vergnügen und
erholen sollen, treffen wir wieder auf Rivalen. Wenn es um den
Stammplatz in der Mannschaft oder die erreichte Punktzahl beim
Computerspiel geht.
Und dass die Rivalität später im Erwachsenenleben nicht
aufhören werden wird, macht uns spätestens der Kampf um die
Lehrstellen, Praktikums- oder Studienplätze klar. Wir ahnen es
schon, nach der Ausbildung geht die Rivalität im Berufsleben
erst so richtig los...
Über-harte Begriffe Wörter für einen natürlichen Sachverhalt
Mir persönlich gefallen die Begriffe Rivalität und Kampf ja
nicht so besonders. Sie hören sich meiner Meinung nach zu hart
und rücksichtslos an, wo es sich bei vielen der genannten
Beispiele doch eher um sportliche Wettkämpfe handelt.
Leider sind die angebotenen Alternativbezeichnungen keinen Deut
besser:
Gegner, Gegenspieler, Nebenbuhler, Mitbewerber, Widersacher,
Kontrahent, Feind.
Mitbewerber ist noch am besten. Aber
Feind!!! Ich bitte dich! Wenn ich auf dem Tennisplatz stehe und
gewinnen möchte, dann ist mein Gegenspieler, mein sportlicher
Gegner, aber doch nicht mein Feind! Schließlich befinden wir uns
ja nicht im Krieg, oder?
Bei den Ersatzvorschlägen zum Begriff Rivalität sieht es auch
nicht viel besser aus: Kampf, Streit, Wettstreit, Zwist, Fehde,
Feindschaft, Auseinandersetzung, Zank, Hader, Konflikt,
Gegnerschaft.
Ich bin ein friedlicher Mensch, der sich bereitwillig einem
Wettstreit austrägt, aber keine Fehden.. Das hört sich verdammt
nach tiefstem Mittelalter und barbarischen Methoden an. Oder
nach intoleranter Feindschaft der Marke Capulet und Montaigue
an, das waren die Familien des tragischen Paares Romeo und
Julia.
Rivalen sind nicht gleich Rivalen...
Lebenslange Rivalen
Ganz typisch sind hier Geschwister. Zuerst buhlen sie um die
Zuneigung der Eltern, danach um das gelungenere Leben, zuletzt
um den Erbteil.
Daneben gibt es noch die gleichaltrigen Bekannten aus dem
Heimatort, die einem die Eltern schon in Kindertagen als
leuchtendes Vorbild gepriesen haben und mit denen man sich ein
Leben lang einen geheimen Kampf liefert. Das müssen die anderen
gar nicht mitbekommen. Aber du, du kannst dir das eingestehen.
Dass du bei jedem Treffen mit XY eine stille Bestandsaufnahme
und einen direkten Vergleich vornimmst.
Anonyme Rivalen
Du kennst sie überhaupt nicht, weißt nicht einmal ihren Namen
oder ob sie überhaupt existieren. Aber für dich sind sie da. Die
anderen Bewerber, die sich auf die ausgeschriebene Stelle
melden. Frühestens beim Einstellungstest lernst du sie kennen.
Davor sind sie ein unbekannter Gegner, den es auszustechen gilt.
Oder das Mädchen in deinem Bus, der athletische Kumpel in
deinem Fitnesstudio. Die du als Rivalen empfindest, einfach,
weil sie so toll aussehen und beim anderen Geschlecht sicher
viel besser ankommen als du selbst.
Konkrete Rivalen
Du willst den Vorlese-, Schönheits-,
Gesangswettbewerb gewinnen oder Schulmeister im Mehrkampf
werden. Klar, dass du deine schärfsten Widersacher kennst und
heimlich beobachtest. Du stehst an der Tischtennisplatte und
weißt, dass sie später nur einer als Sieger verlassen werden
wird. Er oder ich.
Ein Mädchen kann sich nicht zwischen zwei Jungen entscheiden.
Du bist einer davon. Nach der Lehre wird nur einer der
Auszubildenden von der Firma übernommen. Du bist einer von
vieren.
Wie entsteht Rivalität?
Bei einem Interessenskonflikt:
a) Wenn zwei gleiche Interessen aufeinander prallen:
Zwei Jungen buhlen um das gleiche Mädchen. Zwei Mädchen wollen
die begehrte Lehrstelle zur Goldschmiedin. Zwei hervorragende
Schüler wollen Klassenbester werden.
b) Wenn unterschiedliche Interessen vorhanden sind:
Vor allem im zwischenmenschlichen Bereich werden Partner,
Freunde oder Familienmitglieder plötzlich zu Rivalen, wenn es
darum geht, die eigenen Interessen gegen die des anderen
durchzusetzen. Menschen, die sich lieben, werden dann kurzzeitig
zu Gegnern und tragen einen Wettkampf aus, bei dem nur einer als
Sieger hervorgehen kann. Typische Streitthemen:
Freizeitgestaltung, Arbeitsverteilung, Urlaubsplanung,
Geldver(sch)wendung, Anschaffungen.
Beim Vergleichen:
Wir tun es ständig: Nach rechts und
links gucken, was denn die Konkurrenz so zu bieten hat. Wenn wir
uns anschließend wieder auf unsere eigene Stärken besinnen oder
vermehrt an uns arbeiten, geht das ja auch in Ordnung.
Vergleiche können uns dann im positiven Sinne auf Trab bringen
und den inneren Schweinehund besiegen helfen, wenn es
beispielsweise um Vorsätze, Lerneifer, Trainingsfleiß u.ä. geht.
Anhand von Vergleichen mit anderen können wir eine Art
Standortbestimmung vornehmen und unsere künftigen Ziele
formulieren und anpacken.
Wenn ich auch so eine tolle Figur wie XY will, dann muss ich
eben weniger Süßigkeiten essen und regelmäßig Sport treiben.
Wenn ich auch so harte und platzierte Aufschläge wie mein Kumpel
ins Feld donnern will, dann muss ich eben entsprechend
ausdauernd üben.
Aus Neid:
Nach dem Motto: Was der hat, möchte ich auch! Schaut euch doch
mal bei den Erwachsenen um! Mein Auto, mein Haus, mein Boot!
Mindestens mithalten können, besser noch übertrumpfen. Hat
natürlich auch wieder mit Vergleichen zu tun.
Auf andere Leute, ihren Erfolg und ihre Leben neidisch zu sein,
ist völlig normal. Und kann uns als Ansporn dienen.
Warum ist Rivalität eigentlich was Gutes?
Ganz einfach: Sie setzt Energien bei uns frei. Nach dem Motto:
Jetzt erst recht! Dem wird ich´s schon zeigen! Was die kann,
kann ich schon lange! usw. Das Wissen um einen Mitbewerber für
das gleiche Ziel treibt uns zu verstärktem Einsatz und
regelrechten Höchstleistungen an. Schluss mit Faulheit und
Bequemlichkeit! Wenn du zusammen mit deinem Kontrahenten XY um
den begehrten Ausbildungsplatz antrittst, dann musst du dich
mächtig ins Zeug legen. Gute Noten, überzeugende Bewerbung,
gepflegte Erscheinung. Auch wenn am Ende er und nicht du die
konkrete Stelle ergattern wird, dann hast du trotzdem für dich
etwas gewonnen, nämlich wichtige Erfahrungen und optimale
Voraussetzungen für deine künftigen Versuche.
Egal, ob es nun um sportliche Leistungen, Aussehen oder
Schulnoten geht. Der Wettbewerb mit anderen Interessenten zwingt
dich dazu, das Beste aus dir heraus zu holen und an deine
Grenzen zu gehen. Einsatz und Anstrengung statt Stillstand und
Trägheit. Was sich über kurz oder lang in Erfolg auszahlen wird.
Versprochen. Ohne Fleiß kein Preis. Und da der andere den Preis
auch will, muss ich ziemlich fleißig sein. So ist das eben:
Konkurrenz belebt das Geschäft. Was durchaus gute Seiten hat!
Rivalität.
Ein viel zu hartes Wort.
Vorausgesetzt, der Kampf wird stets sportlich, d.h. mit fairen
Mitteln, ausgetragen und beschränkt sich lediglich auf den
konkreten Wettbewerb.
Die Freundin keines Blickes mehr zu würdigen, weil sie und
nicht du die begehrte Lehrstelle bekommen hat, ist jedenfalls
ein Zeichen von Charakterschwäche.
Klar, eine Niederlage tut immer weh, aber dein Leben geht
weiter und wird dir noch viele Gelegenheiten zum Siegen bieten.
Wetten, dass?
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