Stärke ist ... Gefühle zeigen
Irgendwann werden es auch die letzten "harten Kerle" gemerkt
haben, dass der bescheuerte Spruch "Ein Indianer kennt keinen
Schmerz" (vor allem zeigt er ihn nicht!!!) längst überholt ist.
Gefühle zu zeigen kommt nämlich an.
Nur die wenigsten Mädchen stehen auf obercoole Machos, die
alles mit einem maskenhaften Pokerface an sich abprallen lassen.
Nach dem Motto: Nur keine Gefühlsregung zeigen, denn dann zeigst
du Schwäche. Tougher Held statt jämmerliches Weichei. Bloß kein
Softie sein!
Schade.
Denn mit dieser Einstellung magst du vielleicht deine
Selbstbeherrschung beweisen können, wirkst aber auf deine
Umgebung in etwa so menschlich wie ein Kühlschrank.
Auch Jungen dürfen weinen!
Jungen, die weinen, deswegen als "Heulsuse", "Waschlappen" oder
"weibisch" zu bezeichnen, zeugt von grenzenloser Dummheit!
Warum?
Weinen ist gesund!
Nun, wer seinen Gefühlen in traurigen, schmerzvollen und
bewegenden Momenten freien Lauf lässt und einige Tränen
vergießt, tut sich selbst etwas Gutes. Denn Weinen befreit,
reiningt die Seele und verschafft dir wohltuende Erleichterung.
Wie bei einem Ventil hat der Druck nachgelassen, du fühlst dich
besser. Ja, ein Teil deiner Last wurde im wahrsten Sinne des
Wortes mit den Tränen zusammen weggespült.
Weinen zeigt Charakter!
Außerdem macht Weinen Jungen sympathisch, weil es ihr starkes
Einfühlungsvermögen und ihre Empfindsamkeit belegt.
Eigenschaften, die nicht nur beim anderen Geschlecht hoch im
Kurs stehen, sondern in der Gesellschaft überhaupt gefragt sind.
Weinen ist selbstbewusst!
Wer zu seinen Tränen steht und sich auch nicht davor scheut, in
der Öffentlichkeit (im Kino bei einem ergreifenden Film) ein
paar davon zu verdrücken, demonstriert ein enormes
Selbstbewusstsein. Er steht souverän über den Dingen, die
spöttischen Kommentare der andern jucken ihn nicht. Die wahren
Memmen sind nämlich die, die ihre Emotionen hinter einer Fassade
verstecken. Denn genau das zeugt von einem geringen
Selbstwertgefühl!
Weinen tun selbst die Promis!
Bill Clinton beim Verkünden eines Flugzeugabsturzes, Hans
Dietrich Genscher bei der deutschen Wiedervereinigung oder Olli
Kahn beim unerwarteten Gewinn der Meisterschaft. Ob aus Freude
oder vor Schmerz. Immer mehr prominente Männer lassen sich vor
laufender Kamera von ihren Tränen überwältigen, ohne an
Beliebtheit zu verlieren. Im Gegenteil. Ihr Beliebtheitsgrad
wurde durch ihre vermeintliche "Schwäche" gesteigert.
© 2000 Anja Gerstberger
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