Täglich Tausende Schüler in Lebensgefahr!

Beispiele
Gefahren für unbeleuchtete Radfahrer
Vernunft fährt mit Licht!

Die im Dunkeln sieht man nicht...

Mittwochmorgen, 7 Uhr 30 in Deutschland. Zahllose Menschen sind unterwegs. Richtung Arbeit oder Schule. Auf den Straßen ist die Hölle los.

Drängelnde Zu-spät-los-Fahrer, übermüdete Nachteulen, gestresste Mütter und lustlose Schüler lenken ihre Fahrzeuge durch den starken Verkehr. Alle noch nicht auf voller Betriebstemperatur, viele auf den letzten Drücker, einzelne scheinbar lebensmüde. Letztere meistens Jugendliche, ausnahmslos Fahrradfahrer.

Zum Beispiel Timo.

Da er vor Unterrichtsbeginn unbedingt noch die Mathehausaufgaben von seinem Kumpel Bernd abschreiben will, tritt er wie ein Wilder in die Pedale und saust mit seinem Mountainbike in beeindruckend (oder beängstigend?) hohem Tempo durch die Straßen seiner Siedlung. Den Schulweg kennt er nach all den Jahren aus dem Effefff. Sämtliche Kurven könnte er blind fahren. Er weiß genau, welche er mit vollem Speed nehmen kann und vor welchen er abbremsen muss. Die Abbiegung hinein in die Berliner Allee gehört zur ersten Sorte. Und so schießt Timo auch heute mit einem Affenzahn in optimaler Kurvenlage heinein.

Wie gut, dass Frau Bergmann eine übervorsichtige Fahrerin ist und ihren Golf stets deutlich vor der nächsten Kreuzung abbremst. Denn sonst hätte sie Radfahrer Timo glatt überfahren. Da übersehen. Selbst sein irres Tempo wäre kein Problem gewesen, wenn, ja wenn Timo mit Licht gefahren wäre. Ist er aber nicht.

Oder Katja.

Katjas Rücklicht an ihrem Fahrrad ist schon seit Wochen kaputt. Sie selber hat es erfolglos zu reparieren versucht. Ihr Bruder hat sein Versprechen trotz dreimaliger Zusage nicht eingehalten oder vergessen. Und zu einem Fahrradgeschäft zu gehen, ist Katja zu peinlich.

Also fährt sie weiterhin ohne Licht durch die Gegend. Mit schlechtem Gewissen in die Schule, wo die Staßen glücklicherweise gut beleuchtet sind, so dass sie nicht so leicht übersehen werden kann. Die abendlichen Heimfahrten vom Training absolviert sie schon mit deutlich mulmigerem Gefühl, weil ihr Weg dann durch viele dunkle Nebenstraßen und an einer Stelle sogar an der Landstraße entlang führt. Um ihre Angst zu verkürzen, fährt sie daher immer möglichst schnell. Was die Autofahrer auf der Landstraße auch tun. So wie der Audifahrer auf Katjas Fahrbahnhälfte, der aufgrund des Gegenverkehrs ziemlich rechts fuhr und Katja wegen ihres kaputten Rücklichts erst so spät sah, dass er seinen Wagen nicht mehr nach links ziehen konnte und sie streifte. Mit Tempo 100 und solch einer Wucht, dass Katja etliche Meter durch die Luft geschleudert wurde.

Katja hat Glück im Unglück gehabt. Denn sie hat überlebt. Schwer verletzt zwar, aber immerhin am Leben. Und das alles nur wegen eines popeligen Fahrradrücklichts...


Damit den Unbeleuchteten die Erleuchtung kommt...

Wie lange Timo bei seinem Russisch-Roulette-Spiel noch Glück haben wird, ist ungewiss. Wenn es das Schicksal gut mit ihm meint, vielleicht sogar sein Leben lang.

Worauf ich mich an seiner Stelle allerdings nicht verlassen würde.

• Weil nur die wenigsten Autofahrer so extrem umsichtig wie Frau Bergmann fahren!

• Weil er im Falle eines Falles gegen alle anderen Fahrzeuge eindeutig den Kürzeren ziehen würde. Die sind nämlich größer, schwerer, härter und mit schützender Stoßstange und Knautschzone ausgestattet. Die ihm als Radlfahrer abgehen!

• Weil er selbst mit Fahrradhelm bei einem Frontalzusammenprall mit einem Pkw oder gar Lkw mehr als alt aussehen würde!

• Zumal die in der Regel auch noch ein weitaus höheres Tempo draufhaben als er mit seinem Drahtesel!

• Weil die Reflektoren an Lenker bzw. Gepäckträger oder Schutzblech nur ca. 50 m weit zu sehen sind, was bei einem Überholmanöver zweier Autos auf dunkler Straße mit Tempo 100 und manchmal sogar mehr alles andere als ausreichend ist, um dem unbeleuchteten Radfahrer noch rechtzeitig ausweichen zu können!

• Weil auch die Kollision zweier unbeleuchteter Fahrradfahrer - beispielsweise auf einem unbeleuchteten Fahrrad- oder Feldweg - zu lebensgefährlichen und folgenschweren (z. B. Pflegefall bei Sturz auf Kopf mit dauerhaftem Hirnschaden) Verletzungen oder gar dem Tod eines Beteiligten führen kann!

Ziemlich schlechte Karten also für unbeleuchtete Radfahrer...

Dabei ist es völlig egal, ob Vorder- oder Rücklicht defekt sind.

Beim fehlenden Vorderlicht bist du stärker beim Abbiegen oder Kreuzen von Straßen gefährdet, beim Rücklicht dagegen auf engen Straßen von den Fahrzeugen, die dich überholen müssen.

Dabei ist es völlig egal, ob du im Stockdunklen oder in der Dämmerung fährst

Während der Dämmerung mag es zwar insgesamt heller sein, aber diese scheinbar besseren Lichtverhältnisse sind wiederum extrem tückisch.

Nämlich dann, wenn leichtsinnige Autofahrer ihrerseits ihr Licht bereits ausgeschaltet haben, so dass du und der entgegenkommende Verkehr diese Kandidaten zu spät seht und mit extremen Lenk- bzw. Ausweichmanövern reagieren müsst. Was für den Schwächsten, den Radfahrer, aus oben genannten Gründen am gefährlichsten ist.

Dabei ist es völlig egal, ob du eine lange Strecke oder nur wenige Meter zurückzulegen hast.

Du kannst den halbstündigen Schulweg überstehen und dann ausgerechnet auf den hundert Metern zum Bäcker Pech, sprich einen Unfall haben.


Vernunft fährt auf der Siegerstraße...

Schön, wenn du mit Helm fährst oder einer Jacke, die mit Reflektoren ausgestattet ist. Beide Maßnahmen verstärken deinen Schutz.

Doch sie können niemals die fehlende Fahrradbeleuchtung ersetzen!

Denk mal darüber nach.

Und zeige den Artikel vor allem denjenigen deiner Freunde, die sich so unvernünftig wie Timo und Katja verhalten...

Bleibt die Frage, ob man den Sachverhalt, dass diese wahnwitzigen Radler zwar munter ohne Licht durch die Gegend fahren, dafür aber mit dem megacoolsten Helm auf der Birne nun als dumm oder schizophren (seelisch gespalten, widersprüchlich im Denken und Handeln, verrückt, unverständlich) zu bezeichen ist...

© 2000 Anja Gerstberger, Bild: Copyright by MacMillan Inc., verwendet in Lizenz