15 Vorurteile über Sex

oder was über die schönste Nebensache der Welt alles an Pseudoweisheiten in vielen Köpfen herumspukt

1. Adam kann immer

Warum wohl haben sich alle mit so großer Begeisterung auf Viagra gestürzt? Warum nur geben dann die Evas untereinander verständnisvoll die verschiedensten Aphrodisiakarezepte weiter, ihre besseren Hälfte dagegen verschämte Tipps zur Belebung ihres besten Stückes? Groschen gefallen?

Vermutlich war es ein besonders großmäuliges männliches Exemplar, dass die obige Mär des allzeit bereiten Mannes in die Welt und damit Generationen von Geschlechtsgenossen unter entsprechenden Druck gesetzt hat. Entgegen ihres Rufes sind Adams eben keine nach Belieben einschaltbaren Sexmaschinen, sondern empfindsame Wesen, die auf den Stress von Schule/Beruf und Probleme auch mal mit einem Streik ihres Willis reagieren. Was sie schließlich von den Schimpansen unterscheidet und das ist ja auch gut so, oder möchtet ihr lieber einen Schimpansen an euer Seite haben?

2. Sex ist eine saubere Sache

Aprilfrisch und ohne Gefährdung der verführerischen Seidenwäsche und Spitzendessous? Die Praxis hat uns längst eine Besseren belehrt. Sexualität ist eine sinnenfreudige Sache und eine feuchte dazu, schließlich werden dabei in nicht geringem Umfang die verschiedensten Körperflüssigkeiten ausgetauscht, vom etwaigen Schweiß vergießen ganz zu schweigen. Ein gewisses Maß an Reinlichkeit davor bzw. danach ist durchaus angebracht, aber während lieber nicht, denn das wäre eher ein Indiz für sterile Technik als für ein sinnliches Erleben...

3. Beim ersten Mal kann man nicht schwanger werden

Und während der Stillzeit auch nicht... Dann erkundige dich mal bei einem Gynäkologen, wie vielen derart "verhüteten" Babys er auf die Welt geholfen hat!

Klar, wäre es praktisch, beim ersten Mal so eine Art "Freischuss" zu haben und sich voll auf das Neue konzentrieren zu können. Leider funktioniert das so nicht und ihr müsst euch von Anfang an um die Verhütung kümmern!

4. Abwechslung ist das A und O

Lasst euch bloß nicht von irgend welchen zweifelhaften Statistiken und Umfragen der diversen Blätter oder von den Erzählungen anderer Leute verunsichern! Denn ein Großteil derartiger Aussagen dürften ohnehin eher dem Reich der Fantasie entsprungen sein... Gut, vielleicht bietet das Kamasutra und ähnliche Werke einzelne Anregungen, aber kein Paar muss sämtliche Stellungen nachturnen! Vergleiche die körperliche Liebe doch mal mit dem Essen: Von deinem Lieblingsgericht kannst du doch auch nie genug kriegen, oder?

5. Ohne Orgasmus fehlt was

Schade, dass viele den Liebesakt mit einer Sportdisziplin verwechseln und ihn auf diese paar, allein selig machenden Sekunden des Höhepunktes reduzieren. Warum wollen es die Männer einfach nicht glauben, dass eine Frau auch Spaß ohne haben kann, so lange dieser Umstand nicht zur Dauereinrichtung wird? Wäre ihnen ein vorgetäuschter Orgasmus tatsächlich lieber? Das kann ich nicht glauben. Kein Wunder, dass es mit dem Kommen nicht klappt, wenn beide nur daran denken und sich damit automatisch blockieren. Oder kannst du dir vorstellen, in einer Stresssituation in Ekstase zu verfallen? Eben.

6. Die Latte führt Regie

Klar, ohne Erektion läuft nichts. Was aber nicht zu dem Trugschluss verleiten darf, dass bei einer solchen dann auch tatsächlich was laufen muss. Kein Mann erleidet einen körperlichen Schaden, wenn er seinen Ständer unverrichteter Dinge wieder abbauen muss, weil seine Herzensdame eben keine Lust hat. Sex nur aus Pflicht- oder gar Schuldgefühl gegenüber dem bettelnden Willi hat weniger mit Liebe, sondern eher mit Egoismus bzw. einem Geschäft zu tun. Lieber nicht!

7. Während der "Tage" verboten

Sex ist immer möglich, natürlich nur, wenn beide Lust darauf haben. Schließlich handelt es sich bei der Periode nicht um eine ansteckende Krankheit. Nicht wenige Frauen finden Sex gerade dann besonders befriedigend und entspannend. Selbstverständlich sollte man aber gegebenenfalls Rücksicht auf die Scheu des einen Partners nehmen. Wäre eigentlich eine gute Gelegenheit, eine neue technik auszuprobieren...

8. Nur Kerle finden Quickies toll

Ja, und alle Frauen hassen Fußball. Von wegen, es gibt durchaus auch Situationen, in denen die Damen ohne große Vorbereitung auf Touren kommen und Lust auf eine schnelle Nummer haben. Irgendwo müssen die Partnerinnen ja her kommen, mit denen die Männer die heißen Quickies erleben, von denen sie mit leuchtenden Augen erzählen...

9. Andere machen es öfter, besser, aufregender, einfallsreicher, gewagter....

Was interessiert mich der Sex des anderen, wenn ich mit meinem eigenen zufrieden bin? Schließlich geht es dabei wohl eher um Qualität als um Quantität, oder? Und wenn ein Paar mit seinem persönlichen Programm wunschlos glücklich ist, braucht es sich von der Frequenz und dem prahlerischen Sexgeschichten der anderen nicht verunsichern zu lassen. Im Gegenteil, wer es nötig hat, zu protzen, scheint sich irgendwie rechtfertigen zu wollen. Für was nur?

10. Kondom gleich Sex

Oh, Madame hat ein Kondom im Geldbeutel, dann habe ich ja freie Fahrt! Falsch gedacht! Reine Vorsichtsmaßnahme für den Fall der Fälle. So wie der Verbandskasten im Auto... Wer Kondome bei sich hat, ist weder eine ewig geile Schlampe noch ein gnadenloser Abschlepper, sondern ein verantwortungsvoller Zeitgenosse.

11. Einmal Loser, immer Loser

Niemand kommt als perfekte Bettgenossin oder begnadeter Liebhaber auf die Welt! Wenn die Premiere nicht gerade der Hit gewesen ist, was übrigens auf den Großteil der Erstveranstaltungen zutrifft, dann heißt das noch lange nicht, den Rest seines Liebeslebens auf diesem kümmerlichen Niveau stehen zu bleiben! Mit etwas Aufgeschlossenheit, Einfallsreichtum und der Fähigkeit sich dem Partner zu öffnen und fallen zu lassen, wird jeder sein Kunstfertigkeit in der Liebe steigern können. Wie heißt es so schön: Übung macht den Meister...!

12. Vaginale Orgasmen sind das Nonplusultra

Tja, leider scheitert dieses Unternehmen meist schon an den technischen Voraussetzungen. Der weiblichen Vagina fehlt das hoch empfindliche Nervengewebe, das dagegen in geballter Ladung um die Klitoris herum sitzt. Schließlich ist es nicht so wichtig, wie die Dame den Gipfel der Lust erreicht, sondern dass ... Und wer lange genug danach sucht, findet vielleicht sogar den sagenumwobenen G-Punkt...

13. Auf die Ohren kommt immer gut

Welcher Knilch hat nur die Weisheit verbreitet, dass das Ohr eine der erogensten Zone am Körper ist, die es zu küssen, beißen oder einzuspeicheln gilt, um das Opfer in ekstatische Erregung zu versetzen? Seit sich dieses Gerücht in Umlauf befindet, wurden unzählige Ohren malträtiert. Lärm, Rauschen und Schmerz anstelle von Verzückung. Ich lasse mir doch von niemandem vorschreiben, wo bei meinem Partner die sensiblen Stellen sitzen! Wo das Suchen und Finden doch so viel Spaß macht...

14. Alles eine Frage der Technik...

Nach dem Motto: Man nehme die rechte Hand, schiebe sie unter die Bluse, während man mit der linken... Hilfe! Wir sind doch keine Laborratten! Wir sind Individuen und höchst unterschiedliche Paare mit genauso unterschiedlichen Reaktionen und Vorlieben. Gäbe es die ultimative Sex-Gebrauchsanweisung, wäre es ja auch ziemlich schnell ziemlich langweilig. Und den dritten Lover kannst du dann fragen: "Na, auch den Blockhaus gelesen?"

15. Ortswechsel gleich Lustgewinn

Ja, rein in den Wald, die Aufzüge, Telefonzellen, Umkleidekabinen und Zugtoiletten! Lasst uns den Küchentisch, den körnigen Sandstrand und das Klavier ihrer eigentlichen Bestimmung zuführen! Das Bett benutzen wir nur zum Schlafen, wir sind ja keine Spießer, die es beim Sex ausschließlich bequem haben möchten und dabei auf den entscheidenden Kick der außergewöhnlichen Lokalität verzichten, wir doch nicht! Ich vertrete den Standpunkt, ein Glas Champagner darf es zwischendurch ruhig mal sein, aber auf Dauer ziehe ich meine Sekthausmarke vor...

Ich hoffe, ihr könnte euch nach dieser Lektüre wenigstens von einigen dieser bescheuerten Vorstellungen befreien und die Sache ein wenig entspannter angehen!

Alles Liebe!


© 2000 Anja Gerstberger