Die Ängste der Jungen

Tollpatschige Tanzbären
Störender Stimmbruch
Captain Cool
Verunsicherte Verknallte
Sportlicher Durchschnitt
Mister Bloßgestellt
Passende Geschenke
Ahnungslose Stinkebären
Familiäre Konkurrenz
Mister Lonely

Das starke Geschlecht tut zwar nach außen hin mächtig selbstbewusst und zieht supercoole Shows ab, aber tief im Inneren sieht es meistens anders als vorgegeben aus.

Harte Schale, weicher Kern.

Oft verstecken die Jungen ihre geheimen Ängste hinter einem besonders ruppigen und lässigen Verhalten. Denn auch sie werden von den verschiedensten Ängsten und Zweifeln geplagt, was sie natürlich nur in den seltensten Fällen zugeben. Solche Exemplare findest du, nebenbei bemerkt, ziemlich selten, doch gerade sie sind eine eingehendere Betrachtung wert...

Aber zurück zum Thema.
Lies nach, vor welchen Albträumen es der Herrlichkeit insgeheim graust!
Damit du ihr komisches Verhalten besser verstehst.
Damit du ihnen nicht noch unbeabsichtigt Salz in die Wunden streust.
Und - damit du ihnen helfen kannst.


Tollpatschige Tanzbären

Musik finden sie klasse, tanzen dagegen voll ätzend. Weil sich auf der Tanzfläche ausschließlich Mädchen tummeln oder knutschende Paare. Weil sie im Gegensatz zu den anmutigen Bewegungen der Damen nur ein linkisches Gehopse oder steckensteife Stemmschritte hinkriegen. Zu allem Übel noch haarscharf am Takt vorbei. Falls sie nicht einen (wie spießig!) Tanzkurs absolvieren oder eine hilfsbereite Schwester haben, die ihnen die neuesten Schritte zur Chart-Musik beibringt, stehen sie noch bis zum Sankt Nimmerleinstag sehnsüchtig am Rand der Tanzfläche und schauen neidisch auf die Tänzer, die eine Menge Spaß zu haben scheinen...

Tipp: Auffordern, Schritte zeigen loben und vor allem nicht auslachen!


Störender Stimmbruch

Die von ihrem Geschlecht ausnahmsweise mal bevorzugten Mädchen können nur erahnen, welche Höllenqualen die armen Jungen während ihres Stimmbruchs durchmachen. Vor allem, wenn sie in ihrer Klasse die ersten oder die letzten sind oder sich die das Selbstwertgefühl zermalmende Kieksphase bei ihnen bsonders lange hinzieht. Um sich wegen ihrer Gießkannen-Stimme nicht unnötigem Spott aussetzen zu müssen, werden sie in dieser Zeit oft zu großen Schweigern.

Tipp: Das Qieken und Wegkippen der Stimme in eine andere Tonlage "überhören" und keinesfalls kommentieren!


Captain Cool

Um in der innergeschlechtlichen Rangliste einen für sämtliche Lebenssituationen aussichtsreichen Spitzenplatz einzunehmen und die holde Weiblichkeit von ihren Fähigkeiten und Wagemut zu überzeugen, mimen viele Boys Joe Cool. Der sich lässig kleidet, lässig bewegt, lässige Sprüche ablässt. Und so beeindruckende Dinge wie Treppenstufen-Inlinern oder halsbrecherische Skateboard-Sprünge vorführt.

Tipp: Derartiges Machogehabe ignorieren und auffälliges Interesse für "normale" Boys bekunden!


Verunsicherte Verknallte

In der Liebe geht es den Jungen keinen Deut besser als den Mädchen. Zweifel ("Ob sie mich auch mag?"), Komplexe ("Bin ich groß genug?") und Unsicherheit ("Erwartet sie jetzt einen Kuss von mir?") bestimmen ihr Denken und Tun. Um ihre Gefühle für ein bestimmtes Mädchen nicht zu verraten und ihre Unerfahrenheit in Liebesdingen zu überspielen, benehmen sie sich dann besonders bescheuert: Schwärmen von riesigen Titten, erzählen versaute Witze, grölen, lästern und ähnliche Armutszeugnisse mehr.

Tipp: Entweder keine Reaktion zeigen, derartige Blödmänner-Ansammlungen weiträumig umgehen oder sie mit den eigenen Waffen schlagen und lauthals von den Typen mit dem "Mörderhammer" schwärmen. Oder - noch besser - ihnen zeigen, wie´s geht und deinen Charme spielen lassen...


Sportlicher Durchschnitt

Kein Wunder, dass sich viele Boys minderwertig fühlen, wenn ihnen ihre Lieblingslektüre ständig solche Supersportler wie Mädchenschwarm Martin Schmitt, Modellathleten à la Klitschko, Tennisprofi Thommy Haas oder Fußballkönner Deisler präsentiert. Wo sie selber nur in der Kreisklasse spielen und auch dort noch ziemlich viele Niederlagen einstecken müssen. Normalo-Leben statt aufregende Sportkarriere mit viel Kohle und kreischenden Groupies. Aus der Traum. Was übrigens auch auf frustrierte Möchtegern-Schauspieler oder -Musiker übertragen lässt.

Tipp: Lobe sie für den kleinsten Triumph (Sieg im Lokaderby der C-Klasse) und verkneife dir tröstende Worte nach einem sportlichen Misserfolg. Gutgemeinte Sätze wie "Es gibt Wichtigeres im Leben" oder "Ärgere dich doch nicht, es ist ohnehin um Nichts gegangen!" reiben ihnen nämlich erst recht ihre Unfähigkeit und Bedeutungslosigkeit unter die Nase.


Mister Bloßgestellt

Verbandelte Romeos wiederum fürchten sich davor, dass ihre Julia sie in aller Öffentlichkeit mit ihrem für zweisame Stunden reservierten Kosenamen anspricht, so z. B. "Schnuckiputz". Oder vom gemeinsamen Sonntagsspaziergang, "netten" Familienausflug bzw. Vorstellungskaffe bei Tante Roswitha erzählt. Spießige Pflichtveranstaltungen, die sie ihr zuliebe mitgemacht haben, aber nicht unbedingt ihren Kumpels auf die Nase binden wollen. Ähnlich schlecht kommen ausgeplaudere intime Details über geplatzte Kondome oder ausbleibende Erektionen.

Tipp: Kosenamen sind vor anderen Leuten grunsätzlich verboten!Vereinbart außerdem, welche Einzelheiten eurer zweisamen Stunden für die Ohren Dritter tabu sind!!


Passende Geschenke

Bei Präsente für ihren Kumpel gibt es keine Probleme, sie erfüllen ihm einfach ihre eigenen Wünsche. Aber bei Mädchen...! Da stecken sie ganz schön in der Zwickmühle: Das Geschenk darf nicht "vergänglich" (Blumen) sein oder ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen (was Schmuck in eurem Alter in der Regel tut), soll möglichst fantasievoll sein (also kein Pralinen), auf keinen Fall "praktisch" (Fahrradschloss) und darf keinen Ärger auslösen (was bei Strapsen durchaus der Fall sein könnte). Was tun, wenn man sich in einem Mädchenhirn so gut auskennt wie in einer Kochzeitschrift? Auf Nummer Sicher gehen und enttäuschen oder was riskieren und möglicherweise vor den Kopf stoßen?

Tipp: Freu dich über jedes Geschenk von ihm! Ist es doch immer ein Beweis seiner Gefühle und mit Mühe verbunden. Schließlich zählt ja der gute Wille...


Ahnungslose Stinkebären

Bei anrüchigen Themen wie Schweiß- oder Mundgeruch hört bei manchem die Freundschaft auf. Nee, nee, um keine Missvertsändnisse aufkomemn zu lassen: Bester Kumpel bleibt bester Kumpel und die Clique schickt den Betroffenen auch nicht unbedingt in die Wüste, sonder behilft sich mit ensprechendem Sicherheitsabstand. Was die "Freunde" jedoch nicht tun, ist den armen Ahnungslosen auf sein Problem aufmerksam zu machen. Und so stinkt er weiter und wundert sich über das komische Verhalten der anderen in seiner Nähe...

Tipp: Mutige Mädchen signalisieren dem Betroffenen mit viel, viel Fingerspitzengefühl, dass da was die feine Nase stört. Weniger mutige bitten einen zuverlässigen Freund des Jungen, diesen Part zu übernehmen.


Familiäre Konkurrenz

Während sich Mädchen über einen großen Bruder freuen (Chauffeur, Beschützer, Partygastgeber...), finden Jungen selbigen meist zum Kotzen. Weil er klüger, hübscher, sportlicher, begabter als sie ist und sie niemals an ihn heranreichen werden bzw. ihre Eltern zwangsläufig zu enttäuschen glauben. Oder - vielleicht noch schlimmer - er hat sich einen dermaßen legendären Ruf (Herzensbrecher, Supermacho, Großmaul, Rowdy) "erarbeitet", dass die jüngere Ausgabe neben ihm nur schlecht weggkommen kann. Wahlweise Spießer oder Versager.

Tipp: Sag ihm, welch tolle Eigenschaften er seinem Bruder voraus hat bzw. in welchen Dingen er ihn um Längen schlägt!


Mister Lonely

Ihre Freundin hat sie gerade in die Wüste geschickt. Kein Wunder, dass sie sich in dieser Situation hässlich, langweilig, ungeschickt und sonstwie fühlen. Im freien Fall von Mister Einmalig zu Herrn Dochnichtsotoll. Oder noch schlimmer: Ein Windhund, Schleimer, Charakterschwein schnappt ihnen die Traumfrau vor der Nase weg. Oder der fünfte Korb in Folge bei ihrer immer schüchternerer Anmache. Null Ego, mächtig Komplex. Und furchtbar einsam. Der blanke Horror eben.

Tipp: Bleibe auch in schwierigen Situationen (Trennung, Verehrer abwimmeln) stets fair (nach dem Motto "Was du nicht willst, das man dir tu, das...!") und freundlich. Ein charmant servierter Korb tut nur halb so weh.


© 2000 Anja Gerstberger