Die berühmten drei Worte Ohne Worte Ich liebe dich. Grundsätzlich kommt die Liebe mit wenig Sprache aus, denn sie
hat ihre eigene. Selbst wenn sich zwei Menschen ineinander verlieben, die nicht
die gleiche Sprache sprechen und sich daher nicht mit Worten
verständigen können, so können sie sich dennoch über ihre
Gefühle "verständigen". Mit Blicken, Gesten, Lächeln,
Zärtlichkeit. Eine Umarmung und ein Kuss kapiert jeder. Überall auf der Welt. Ich liebe dich. - Ein Privileg der
Erwachsenen? Um einen anderen Menschen wirklich lieben zu können, muss man
eine bestimmte Reife, will heißen ein gewisses Alter erreicht
haben, erwachsen sein. Das behaupten deine Eltern, wenn du ihnen
erklärst, dass du XY liebst. Das ist Verliebtsein, aber keine
Liebe, klären sie dich dann besserwisserisch auf. Und du fühlst
dich wieder mal behandelt wie ein kleines Kind. Du hast Schmetterlinge im Bauch, wildes Herzklopfen, wohlige
Wärme, Glücksgefühle, wenn du mit deinem Schatz zusammen bist.
Und glaubst sterben zu müssen, wenn dich der Liebeskummer quält.
Du durchlebst starke Empfindungen und tiefe Gefühle. Das muss
doch Liebe sein, sagst du dir. Und du hast damit Recht.
Intensive Gefühle erfordern eine angemessene Sprache. Da geht
auch ein "Ich liebe dich" in deinem Alter durchaus in Ordnung.
Selbst wenn es in deinem Sprachgebrauch etwas anderes meint als
in dem deiner Eltern. Sprich es ruhig aus, wenn dir danach
zumute ist! Denn Liebe kennt erstens kein Alter und hält zweitens für uns
eine ganze Palette an verschiedenen Liebes-Formen bereit.
Schließlich liebst du doch auch deine Familie, deine Eltern,
oder? Ich glaube nicht, dass sie dir widersprechen... Ich liebe dich. - Umschrieben. Manche Zeitgenossen hingegen haben ein anderes Problem mit
diesem berüchtigten Drei-Wort-Satz. Sie winden sich in den
unterschiedlichsten Formulierungen, drücken ihre Emotionen auf
vielfältige Weise aus, doch das "Ich liebe dich" hüten sie wie
den heiligen Gral. Sie haben gern, sie haben lieb, sie
vermissen, sie sehnen sich nach jemandem, sie sind gerne mit
ihm/ihr zusammen, sie begehren sie, sie sind glücklich mit ihm,
sie haben ihr Herz wahlweise verloren oder verschenkt, sie sind
verrückt nach dem anderen usw. Ja. Manche sagen sogar, dass sie
verliebt sind. Auf das Ich-liebe-dich wartet ihr bedauernswerter
Partner allerdings vergeblich. Und das, wo doch heute schon jedes kleine Kind weiß, dass
Partnerschaften auch zerbrechen können. Und das gar nicht mal so
selten. Warum also diese Verlegenheitslösung "Ich habe dich lieb!", wo
ein "Ich liebe dich!" gemeint ist? Für mich gibt es da nur eine
Erklärung: Angst. Angst, davor, aus dem "Ich liebe dich" einen
Strick gedreht zu bekommen, will heißen, einklagbare
Verpflichtungen. Angst, auf ein Versprechen für die Ewigkeit
festgenagelt zu werden. Schwachsinn! Ein "Ich liebe dich" ist
okay, wenn es deinen gegenwärtigen Gefühlszustand beschreibt.
Und ist von einem Hochzeitsantrag noch meilenweit entfernt.... Ich liebe dich. - Unausgesprochen. Die verschärfte Variante der Wortklauberer. Statt kunstvolles
Umschreiben herrscht hier nun absolute verbale Funkstille. Nicht
mal ein gelegentliches "Ich hab dich gern". Entsprechende
Zuneigungsbekundungen ihres Partners beantworten sie mit einem
beifälligen Grunzen oder Brummen oder einem verlegenen Hmm. Wer
Glück hat, bekommt sogar ein "Geht mir genauso" zu hören, die
noch Glücklicheren ein "ja, ich auch". Aber ein "Ich liebe dich"
oder "ich hab dich lieb" (wir würden uns ja schon damit
begnügen...!)? Fehlanzeige. In solch harten Fällen sollte man
sich ein peinliches "Ich liebe dich. Und du?" verkneifen. Das
erspart nämlich eine Menge Frust. Lerne stattdessen auf die ihm eigene "Sprache" deines Partners
zu hören! Der dir seine Liebe nicht mit mehr oder weniger
blumigen Worten ausdrückt, sondern mit aussagekräftigen Taten:
dadurch, dass er dein Fahrrad repariert, freundlich das als
harmloser Sonntagskaffee getarnte Verhör deiner Eltern über sich
ergehen lässt, dich zum Frauenarzt begleitet. Oder kann man
seine Liebe vielleicht deutlicher ausdrücken? Dann gibt es wiederum die Spezies der gedankenlosen
"Ich-liebe-dich-Drescher", die diese Zauberformel regelrecht
inflationär gebrauchen. Ohne großes Überlegen, ohne einen
Gedanken an Schlussfolgerungen der Gegenseite zu verschwenden.
Weil jene Casanovas und Sirenen sich einbilden, dass ein simples
"Ich liebe dich" einfach immer gut ankommt oder ein vielfach
erprobtes Mittel zum Zweck ist. Den anderen herum zu bekommen,
in die Kiste zu kriegen. Und so gibt es eben viele gehauchte "Ich-liebe-dich!"s. Schon
am ersten Abend, mindestens drei pro Telefonat, Zig die Woche
über, in den gemeinsamen Stunden gar im 5-Minuten-Takt. Haben
diese Banausen denn keine Ahnung, was sie damit anrichten?!? Sie
entwerten ihre Währung. Klar, will jeder diese berühmten Worte
hören. Jedoch nicht von ihnen auf Schritt und Tritt verfolgt
werden. Nur mehr zur bloßen Floskel verkommen. Inhaltsleer,
austauschbar, mechanisch heruntergeleiert. Eine solch schäbige Behandlung haben die berühmten drei Worte
nun wirklich nicht verdient! Ich liebe dich. - In einer fremden
Sprache. Warum nur kommen uns ein "I love you", "Je t´aime" oder "Ti
amo" so viel leichter über die Lippen als die deutsche
Entsprechung? Weil man dabei automatisch an Urlaub denkt, Spaß,
Abenteuer, Unverbindlichkeit? Es sind die gleichen
bedeutungsschweren Worte wie im Deutschen, aber sie kommen viel
weniger ernst rüber. Weil derjenige, der sie verwendet es
weniger ernst meint? Viele Touristen können im Ausland nicht nach dem Weg fragen
oder eine Fahrkarte lösen. Aber was "ich liebe dich" in der
Sprach ihres Urlaubslandes heißt, bringen sie mühsam zusammen.
Diesen Satz gehört schließlich in die fremdsprachliche
Grundausstattung eines ausgehungerten und paarungswilligen
Single. Plumpe Anmache mit Erfolg. Funktioniert übrigens
umgekehrt genauso: Einheimische Latin Lover schmachten
vernachlässigte Urlauberinnen an. Triebgesteuertes Abschleppen,
ich hör dir trapsen...
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