Sexueller Missbrauch

Begriff
Formen
Folgen für die Opfer
Täter
Verhalten bei sexuellem Missbrauch
Hilfseinrichtungen


Was versteht man unter sexuellem Missbrauch?

"Sexueller Missbrauch" umfasst sämtliche Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit und gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht. Es ist eine andere Bezeichnung für sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren und bezeichnet alle Handlungen, die der Täter seinem jungen Opfer unter Zwang oder mit Drohungen antut, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

Ist das Opfer das eigene Kind, Schüler, Auszubildender, Pflegekind u.ä, also junge Menschen, die einem Erwachsenen zur Erziehung, Ausbildung oder Betreuung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet sind (bis 18 Jahre), spricht man vom "Sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen".

Die Bezeichnung "Missbrauch" deswegen, weil sich die betroffenen Kinder und Jugendliche dem jeweiligen Erwachsenen gegenüber in der Regel in einem Abhängigkeitsverhältnis (Eltern-Kind, Lehrer-Schüler, Trainer-Schützling, Arzt-Patient usw.) bzw. in einer psychischen und körperlichen Unterlegenheit befinden, die eine Gegenwehr nicht möglich macht, also aufgrund ihrer schwächeren Position miss-braucht werden. Gerade sehr junge Opfer halten das Vorgefallene für "normal", weil sie es als kleines Kind nicht besser wissen.

In vielen Fällen beginnt der sexuelle Missbrauch nämlich schon in sehr jungen Jahren, wenn das Opfer im Kleinkind- oder frühen Schulkindalter ist, und zieht sich dann über Jahre hin.

Du fragst dich, warum die Opfer das so lange aushalten? Nun, viele Mädchen (und Jungen) behalten ihren Kummer für sich, weil sie sich schuldig fühlen und schämen, weil sie Angst vor den Folgen haben, die ihr Geständnis für sie und ihre Familie hätte. Oder sie denken, dass ihnen sowieso niemand glauben würde


Formen des sexuellen Missbrauchs:

Sexueller Missbrauch gibt es in vielen Formen, so liegt er beispielsweise dann vor, wenn:

• dich ein älterer Jugendlicher oder Erwachsener gegen deinen Willen anfasst oder küsst, und zwar auf eine Art und Weise, die du als ekelhaft empfindest,

• du an deinem Busen oder Geschlechtsteilen berührt wirst,

• du dich für pornografische Fotos ausziehen sollst,

• du gezwungen wirst, die Geschlechtsorgane eines Erwachsenen oder älteren Jugendlichen zu streicheln, zu küssen u. ä.

• wenn dir jemand seinen Finger oder einen Gegenstand in deine Scheide oder Po steckt,

• jemand mit seinem Penis in deine Scheide oder deinen Po eindringt.

Sexueller Missbrauch ist strafbar (Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren)!


Welche Folgen hat sexueller Missbrauch für die Opfer?

Sexueller Missbrauch hinterlässt seine furchtbaren Spuren hauptsächlich in der Psyche des Opfers. Häufig leiden die missbrauchten Mädchen und Frauen noch lange (meist Jahre!!!) nach der Tat unter den schlimmen Geschehnissen und stürzen in eine regelrechte Lebenskrise. Oft schaffen sie es lange Zeit nicht, einnormales Leben zu führen, da ihr Zutrauen zu ihren Mitmenschen zerstört ist. Nicht wenige Opfer verlieren außerdem das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Schlimmstenfalls, können Selbstzerstörung, Flucht in Süchte oder Selbstmordversuche am Ende eines langen Leidensweges liegen.

Das Erlebte vernichtet vor allem das Selbstwertgefühl und das Selbstbild der Frau bzw. des Mädchens. Sie machen sich Selbstvorwürfe und geben sich eine Mitschuld an der erlittenen Gewalttat. Das Opfer durchlebt extreme Gefühle wie Hass, Schock, Wut, Hilflosigkeit, Angst, Verzweiflung.


Wer sind die Täter?

In der Regel Männer und ältere Jugendliche. Manchmal fremde Personen, aber leider viel häufiger Personen aus dem direkten Umfeld des Opfers: Verwandte, Bekannte, Lebensgefährten der Mütter, Trainer.

Die Täter wissen sehr genau, dass sie ein Verbrechen begehen und drohen daher ihrem Opfer mit Vergeltung, wenn sie anderen Leuten von dem sexuellen Missbrauch erzählen. Mit scheusslichen Ausreden versuchen sie, ihr Verhalten zu entschuldigen oder zu verharmlosen:

• Sie wollten "Liebhaben" spielen

• Sie wollen das Opfer auf das Erwachsenenleben vorberetien, indem sie es in der körperlichen Liebe "unterrichten"

• Sie sind von dem Opfer selbst verführt worden

• Die Handlungen, die sie an ihrem Opfer vornehmen, sind üblich und werden anderswo ebenfalls praktiziert.

Da es bei sexuellem Missbrauch meist keine Zeugen gibt und immer Aussage gegen Aussage steht, scheuen sich viele Opfer davor, sich mit ihrem Problem an die Öffentlichkeit zu wenden bzw. jemanden um Hilfe zu bitten.

Nicht zu vergessen: Auch die Mütter, die ihre Augen vor der bitteren Wahrheit verschließen und nicht eingreifen, wenn sich ihr Partner an ihrem Kind vergreift, sind in einem gewissen Sinne auch "Mit-Täter"!


Was soll ich tun, wenn ich sexuell missbraucht werde?

Auf keinen Fall schweigen und dein dunkles Geheimnis für dich behalten.

Verständlich, wenn dich Schuld- (völlig unberechtigt!!!) und Schamgefühle quälen oder die Angst vor den Folgen deiner Offenbarung. Nicht selten schüren der Täter ganz bewusst die Ängste seines wehrlosen Opfers und droht ihm damit, dass, sollte es sein Schweigen brechen, es in ein Heim und er selbst ins Gefängnis müsste, so dass die komplette Familie zerstört werden würde. Dass er das bereits durch sein schändliches Handeln längst getan hat, verleugnet er.

Um den Schaden an deiner Seele so gering wie möglich zu halten, solltest du daher all deinen Mut zusammen nehmen und dich an eine Person deines Vertrauens wenden. Ob das deine Mutter, Lehrerin, Tante, Freundin (bzw. deren Eltern), die Mitarbeiterin einer Beratungsstellen (s.u.) ist, ist egal, hauptsache dass! Viele betroffene Mütter wollen ihren Kindern nicht glauben und werfen ihnen vor, dass sie lügen oder die Familie kaputt machen. Wende dich in diesem Fall an eine andere Person, das bist du dir schuldig. Die Erwachsenen, die du um Hilfe bittest, werden dann wissen, was zu tun ist.


Wo kann ich mich hinwenden, wenn ich Hilfe brauche?

• Sorgentelefon des Kinderschutzbundes:030/4561524

• "Wildwasser" e.V. Mädchenberatungsstellen (Tel.: 030/7 86 50 17 oder 2 82 44 27)

• Zartbitter e.V. (Tel.: 0221/31 20 55)

• Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendtelefon e.V. (Tel.: 0800/ 1 11 03 33, kostenfrei!)

• Kobra (Tel.:0711/243865)

• Pro Familia (Tel.: 069/639002)

• Familien-Notruf München (Tel.: 089/269194)

• Arbeitskreis Niedersächsischer Frauen- und Kinderschutzhäuser (Tel.: 0511/323202)



© 2000 Anja Gerstberger