Wie du deine Mutter zum Schweigen bringst...
Nicht, was du gleich wieder denkst...!
Nein, ich meine das doch völlig anders!
Du hast deine Mutter furchtbar lieb, aber dennoch gibt es
Augenblicke, da geht dir ihr nörgelndes, besserwisserisches und
gut gemeintes Gesülze tierisch auf den Keks!
Und für derartige SOS-Momente wünschst du dir nichts
sehnlicher, als dass sie endlich einmal ihren Mund halten würde!
12 ultimative Tipps, deiner Mutter erfolgreich die Sprache
zu verschlagen:
Schneide deine Haare ab oder färbe sie!
Das gleiche Theater, das Mütter um ihre eigene
Schädelbepflanzung betreiben, übertragen sie auch auf den Rest
ihrer Sippschaft, getreu nach dem Motto „Was sollen nur die
Leute von uns denken?!“.
Daher wird sie eine radikale Veränderung auf dem
hochempfindlichen Gebiet des Kopfputzes einem Ohnmachtsanfall
nahebringen. Der Sohn mit Beinaheglatze oder die Tochter mit
feuerrotem Pagenschnitt, wo zuvor taillenlange, dunkelblonde
Locken den Rücken hinunterrieselten? Blankes Entsetzen! Weniger
Mutige behelfen sich eben mit einer Perücke oder auswaschbarer
Farbe...
Präsentiere ihr ein täuschend echt aufgemaltes bzw.
aufgeklebtes Tattoo!
Neben Piercings (die man ja glücklicherweise einfach rausmachen
kann) sind bunte Tätowierungen, möglichst noch an sofort ins
Auge springenden Körperstellen, der Schrecken jeder Mutter.
Nutze dieses Wissen aus und zeige ihr begeistert eine barbusige
Blondine oder einen „I love Leonardo“-Schriftzug auf deinem
linken Oberarm. Bis sie die Fälschung bemerkt, hast du
himmlische Ruhe!
Halte in deinem Zimmer Großputz!
Eine für dich zugegeben ziemlich aufwändige Variante, die
jedoch durch ihre besonders nachhaltige Wirkung entschädigt.
Veranstalte in deiner Bude ein Großreinemachen, bis sie als
beinahe steril aussehendes Neubaugemach vor dir liegt.
Wenn deine Mutter das nächste Mal hereinkommt, wird sie sich
mit offenem Mund umschauen, konnte sie sich doch überhaupt nicht
mehr daran erinnern, dass sie vor Urzeiten in diesem Zimmer
einen blauen Teppich verlegt hatten...
Erschrecke sie mit ihrem alten Zeugnis!
Halte ihr ein miserables Schulzeugnis unter die Nase! Wenn ihr
die Fünfer nur so ins Gesicht springen, wird sie nicht auf
Anhieb merken, dass es sich bei diesem Schmachpapier um ihr
eigenes handelt, das du zuvor auf eurem Dachboden aufgestöbert
und bei Bedarf entsprechend frisiert hast...
Erscheine super geschniegelt!
Auch wenn´ s schwerfällt (Tipp: Nimm das Wochenende, dann
müssen deine Kumpels bzw. Freundinnen auch nichts mitkriegen!):
Tausche zerrissene Jeans und Schlabberpullis gegen saubere
Stoffhosen und gebügeltes Konfirmantenhemd bzw. den nuttenkurzen
Mini gegen ein braves Folklorekleid ein (Selbst die noch so
verzweifelte Mutter hat für ihre Kinder ordentliche Sachen im
Schrank, du musst nur lange genug danach suchen) und verblüffe
sie mit ungeschminktem Gesicht und ordentlich gescheitelter
Frisur. Kann gut sein, dass sie sich bei einer anderen Mutter
erkundigt, ob es vielleicht möglich wäre, dass sie ihre Kinder
vertauscht haben...
Begleite deine Eltern zum Sonntagsgottesdienst!
Hieve dich am Tag des Herrn mal nicht erst zum
Nachmittagskaffee aus der Kiste, sondern zur mitternächtlichen
Frühstücksstunde und kröne das Wunder dadurch, dass du deine
Eltern zu ihrem Gottesdienstbesuch (der Verdauungsspaziergang
nach dem Schweinebraten tut es auch) begleitest. Bei viel Glück
hält die ergriffene Stille noch einige Tage an!
Tauche mit einem verdächtigen Ring am Finger auf!
Selbst wenn es die Chefin sonst gerne sieht, dass alles in
geregelten Bahnen läuft und ihre Brut sich im gesellschaftlich
korrekten Rahmen bewegt, wird ihr der Umstand, dass ihre
Sprösslinge mit verklärtem Blick und einem offensichtlichen
Verlobungsring herumlaufen, den Schrecken in die Glieder jagen
und ihre Zunge lähmen. Doch nicht in solch jungen Jahren! Dem
Gluckentrieb sei dank!
Wünsch dir zum Essen eine Salatplatte!
Beantworte ihre unvermeidliche „Was soll ich denn morgen
kochen?“-Frage mit einem „Ich hätte Bock auf eine bunte
Salatplatte mit gegrillten Putenstreifen und Vollkornsemmel!“
und ihr werden die Worte fehlen. Wo deine Grundnahrungsmittel
üblicherweise aus Hamburgern und Schokoriegeln im Wechsel mit
Pommes und Chips bestehen...
Bring deine neue Flamme und ein Baby mit!
Endlich ist der lang ersehnte Tag gekommen, auf den jede vor
Neugier platzende Mutter stets sehnsüchtig wartet! Der Sohnemann
will seine neue Freundin bzw. das Töchterlein ihren Herzbuben
vorstellen.
Führe ihr stolz deine(n) Liebste(n) vor, die/der dabei ein
kreischendes Baby auf dem Arm hält. Dass es sich bei dem
sabbernden Monster um die Nichte oder das Kind einer Bekannten
handelt, kann man ja auch erst Stunden später erklären...
Überrasche sie mit einem Blumenstrauß!
Ein unerwarteter Schmatz auf die Backe dürfte die gleiche
Wirkung erzielen!
Überraschungsgeschenke, Zuneigungsbezeugungen jeder Art und der
Gebrauch von Fremdworten wie danke, bitte oder liebhaben
(wohlgemerkt, all dies jenseits des Muttertages!), lassen
Erzeugerinnen für gewöhnlich in gerührtes Schweigen verfallen...
Lass im Radio den Gruftisender laufen und bestell ihr ein
Lied!
Stelle ihren Lieblingssender mit den Schnulzen,
Schlageraffenberichten und Hausfrauentipps ein und drehe auf
volle Lautstärke! Natürlich nur an dem Tag, für den du in ihrem
Leib-und-Seele-Wunschkonzert ein Lied für „die beste Mutter der
Welt mit dankbaren Grüßen von ihrem Sohn Daniel bzw. ihrer
Tochter Jasmin“ bestellt hast. Und zwar genau den
Schmachtfetzen, bei dem sich deine Alten vor Ewigkeiten kennen
gelernt haben. Mit tränenerstickter Stimme lässt es sich ja sooo
schlecht sprechen...
Erzähle ihr, dass du ihre erste Liebe in der Stadt gesehen
hast!
Auch in der Vergangenheit des noch so solidesten Familientieres
findet sich ein wunder Punkt, den es nur aufzutreiben und im
erforderlichen Augenblick gezielt anzugreifen gilt! Erwähne in
einem Gespräch mit deiner Bossin beiläufig, dass du gestern in
der Stadt zufällig Hans Schulze getroffen hast und frage sie mit
Unschuldsmiene: „Den kennst du doch noch irgendwie von früher,
stimmt´s?“
Natürlich kennt sie den, schließlich handelt es sich bei dem
besagten Herrn doch um ihre erste große Liebe, mit der sie
damals beinahe durchgebrannt wäre!
Solange sie im Betrachten vergilbter Fotos und gedanklichem
Schwelgen in alten Erinnerungen versinkt, labert sie dich nicht
voll. Und wenn du Glück hast, hält die traumhafte Stille noch
weiter an, wenn sie sich um eine frische Dauerwelle und ein
neues Kleid für ihre zahlreichen geplanten Stadtbummel kümmern
muss...
Jetzt bist du dran! Schreite zur Tat!
Wie heißt es so schön?
In der Ruhe liegt die Kraft!
Solange es sich dabei nicht um die berüchtigte Ruhe vor dem
Sturm handelt...
© 2000 Anja Gerstberger, Bilder: © Corel Draw,
verwendet in Lizenz
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