Streiten? Ja, aber fair!

Das Leben ist nun mal kein Endlos-Bummel durch einen lustigen Vergnügungspark mit spannenden Fahrgeschäften, interessanten Vorführungen und köstlichen Schleckereien. Das Ganze am besten noch bei strahlendem Sonnenschein mit zufriedenen Menschen. Schön wärs.
Die Wirklichkeit sieht leider etwas anders aus!
Wo mehrere Menschen und damit Meinungen und Interessen aufeinandertreffen, gehen logischerweise die Meinungen auch einmal auseinander. Schließlich sind wir ja keine Einheits-Barbies und -Kens, sondern Individuen mit einer eigenen Persönlichkeit, Wünschen und Interessen.
Und das ist ja auch gut so. Und dann gibt es eben auch mal den einen oder anderen Streit. Das ist auch gut. Denn ein Streit kann durchaus auch sinnvoll und wichtig sein, wenn er nämlich eine problematische Situation entschärft oder klärt. Wie ein bereinigendes Gewitter, das über das Land fegt und herrlich reine Luft zurücklässt.
So weit, so gut.
Da wir uns aber von den Tieren vor allem durch unsere grauen Zellen unterscheiden, gilt bei uns das Dschungelgesetz vom Sieg des Stärkeren (oder wohl besser gesagt Rücksichtsloseren) nicht, denn wir, als die „Krone der Schöpfung“, wissen ja um die „Kunst des Streitens“, die allerdings zunächst einmal gelernt werden muss!

Merke: Zuschlagen, Randalieren und Brüllen verrät nur, dass du dich unsicher und überfordert fühlst und keine Argumente in petto hast. Ganz schnell abhaken!

Beachte stattdessen die folgenden goldenen Streitregeln!

Für Hitzköpfe gilt: Ruhig Blut !

In der ersten Verärgerung wurde schon so manches Porzellan zerschlagen, das hinterher nicht mehr zu kitten war. Oder Dinge gesagt, die man später bitter bereut hatte. Daher gilt: Erst einmal tief Luft holen und in Ruhe nachdenken!
Worüber habe ich mich eigentlich so geärgert? Ist mir die Sache einen Streit wirklich wert? Gib blindem Ärger, der nur dein Hirn umnebelt und keinen Platz für vernünftige Gespräche und Argumente lässt, keine Chance!

Für Megacoole dagegen: Lass es endlich raus!

Umgekehrt bringt es aber auch nichts (auf Dauer höchstens Magenprobleme!), alles in sich hineinzufressen. Wenn du sauer bist, sprich offen aus, warum du dich ärgerst! Es kann nämlich durchaus der Fall sein, dass sich dein Gegenüber dessen gar nicht bewusst ist, dass er dich verletzt oder verärgert hat. Allerdings solltest du dabei nicht warten, bis sich eine ganze „Latte“ angesammelt hat und ein Streit sich „rentiert“. Wenn du innerlich schon auf 180 bist, nimmt eine Auseinandersetzung nur unnötig große Ausmaße ein, was man vermeiden könnte, wenn man das Problem rechtzeitig
anspricht. Nur wenn beide Parteien ehrlich aussprechen, was sie wollen oder bewegt, kann man sich auf die jeweils andere einstellen und – einigen.

Beschreibe offen dein Gefühl!

Oft verbergen sich hinter der Wut und dem Ärger ganz andere Gefühle, z. b. die Angst, zu kurz zukommen, hintergangen oder nicht ernst genommen zu werden.
Denke einmal in Ruhe darüber nach, ob du wirklich sauer bist, weil deine Schwester ohne zu fragen deinen neuen Rock geliehen hat, oder ob du sie vielleicht einfach nur um ihren Freund beneidest!
Sei ehrlich zu dir selbst, wenn du dir über deine Gefühle Klarheit verschaffst! Du erkennst, wo das eigentliche Problem liegt und kannst es gezielt anpacken!

Gib deinem Gegner eine Chance!

„Mit dir zu reden, macht ja ohnehin keinen Sinn!“ Mit dieser Unterstellung gibst du deinem Gegenüber genauso wenig eine echte Chance, wie wenn du ihn nicht zu Wort kommen lässt, an Lautstärke überbietest oder die Tür hinter dir zuknallst!
Bleibe stets fair und gestehe deinem Gegner die gleichen Rederechte zu, wie du selber gerne haben möchtest. Dazu gehört auch ausreden lassen und zuhören!

Sei kein Dickkopf!

Völlig stur auf der eigenen Meinung zu beharren und unbedingt die eigenen Vorstellungen durchboxen zu wollen, bringt überhaupt nichts. Wenn ihr ein Problem wirklich in den Griff bekommen wollt, müsst ihr auch dazu bereit sein, euren Gegner als eine Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und Meinungen zu akzeptieren und ernst zu nehmen. Das heißt aber auch, dass ihr euch mit den jeweils anderen Argumenten wirklich auseinandersetzt und über sie nachdenkt. Das hat noch die tolle
Nebenwirkung, dass euer gegenseitiges Verständnis füreinander wächst und gleichzeitig auch eure Bereitschaft, auf den anderen zuzugehen. Vielleicht trefft ihr euch ja in der Mitte, vielleicht muss der eine sein Unrecht eingestehen. Aber: Einsicht zeigen und Fehler eingestehen, das macht wahre Charakterstärke aus (und hat mit „verloren haben“ nichts zu tun!)!

Sei lieber laut als stumm!

Jedem Streit aus dem Weg zu gehen, um des lieben Friedens willen alles zu schlucken und still über den Problemen zu brüten, bringt nichts!
Nur, wenn ihr euch untereinander austauscht, könnt ihr Schwierigkeiten klären und herausfinden, wie ihr besser miteinander klarkommt. Auch wenn es manchmal knallt.
Lieber ein ehrlicher Streit als ein trügerischer Frieden!

Üben - üben- und nochmals üben!

Kein Mensch kommt als „perfekter Streiter“ auf die Welt. Auch Streiten muss man erlernen, kann man üben. So können „selbstgemachte Regeln“ das schlimmste Chaos verhindern: ob das festgelegte Redezeiten, ein regelmäßig geleerter Kummerkasten bzw. tagender Familienrat oder das Einschalten einer unbeteiligten Person als Vermittler sind, euren Vorschlägen sind da keine Grenzen gesetzt. Hauptsache, die jüngeren, leiseren und weniger schlagfertigen Streiter werden nicht benachteiligt!

Streiten verbindet!

Im Physikunterricht hast du die Regel „Bei Reibung entsteht Wärme“ kennengelernt, vorausgesetzt, Berührung und Kontakt bleiben erhalten. Nicht wenige Freundschaften oder Liebesbeziehungen waren nach einem handfesten Krach umso inniger. Außerdem: nur wer sich streitet, kann sich auch wieder versöhnen. Und eine richtig tolle Versöhnung (-sfeier) hat schon was....

Nebenbei bemerkt: Solltest du jemanden in deiner nächsten Umgebung haben, der, was die Streitkultur betrifft, noch eine Kulturbanause ist, dann lass ihn einfach diesen Artikel lesen (auch Eltern sind nicht unfehlbar und können noch was dazulernen...)!
Und jetzt: Gut Streit! Oder Fairplay? Oder greif an? Oder Streit los? Oder....
Ist ja auch völlig wurscht! In diesem Sinne: Sei nicht friedlich!


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