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Ein Freiwilliges Soziales Jahr -
vergeudete Zeit oder ein sinnvolles Unternehmen?
Endlich ist die olle Schulzeit vorbei!
Raus aus der ewigen Mühle von Lernen, Pflichten, Prüfungen.
Viele kleine Prüfungen, schön gleichmäßig über das Jahr
verteilt, um sich die Eintrittskarte für die nächste
Jahrgangsstufe zu sichern.
Und zuletzt schließlich der Hammer, die Abschlussprüfung, die
über unsere Startposition mit entscheidet, wenn das Gerangel um
die begehrtesten Ausbildungsplätze und Studiengänge losgeht.
Puh, geschafft!
Doch halt!
Die ganze lästige Chose fängt jetzt nämlich wieder von vorne
an.
Raus aus der alten Schul-Mühle, rein in die neue Mühle, in die
der Arbeitswelt.
Keine Lust?
Die Jungen bekommen jetzt von Vater Staat eine unfreiwillige
Zwangspause verpasst, sei es in Form der Wehrpflicht oder des
Zivildienstes.
Vielleicht habt ihr ja mitbekommen, dass in der Öffentlichkeit
immer mal wieder darüber diskutiert wird, ob man die Mädchen
ebenfalls in die staatliche Pflicht nimmt, will heißen, ein
verpflichtendes soziales Jahr einführt. Bis jetzt hat man sich
nicht dazu durchringen können.
Was spricht aber dagegen, dass ihr freiwillig eine Auszeit
nehmt und ein sogenanntes "Freiwilliges Soziales Jahr" macht?
Interessiert?
Lies weiter, wenn du wissen möchtest, wie´s funktioniert, wo du
dich hinwenden musst, was es bringen kann und welche
Möglichkeiten sich dir bieten:
Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Freiwilliges Soziales
Jahr" (FSJ)?
Mädchen leisten hier auf freiwilliger Basis soziale Dienste ab,
wobei die Dauer ihres Einsatzes zwischen 6 und 12 Monaten liegen
kann. Die Freiwilligen müssen sich um eine entsprechende Stelle
bewerben und werden mit freier Unterkunft, einem Taschengeld
(ca. 300-800 DM pro Monat) und der Möglichkeit, an Seminaren
teilzunehmen "belohnt". Also, um Eines gleich klar zu stellen,
dicke Kohle scheffeln kannst du im FSJ nicht, zum dicken Geld
verdienen bist du in der Fabrik besser aufgeben. Im FSJ geht es
nämlich, wie der Name schon sagt, um soziales Engagement.
In welchen Einrichtungen kann ich mein FSJ ableisten?
Da gibt es je nach Interesse (auch in Hinblick auf deinen
angestrebten Beruf) und Belastbarkeit verschiedene
Möglichkeiten:
Krankenhäuser,
Altenheime,
Kinderhorte, -gärten, -heime, -tagesstätten
Behinderteneinrichtungen.
Seit wann gibt es das FSJ?
Das FSJ wurde im wahrsten Sinne des Wortes aus der Not geboren.
Denn im Jahre 1954 herrschte in den sozialen Einrichtungen eine
dermaßen starke Personalnot, dass sich der Direktor einer
solchen Institution in einem Appell an die Jugend wandte und sie
zur Mithilfe aufrief.
Im Laufe der Jahre schlossen sich immer mehr Wohlfahrtsverbände
an, doch richtig "geboren" wurde das FJS erst im Jahre 1964, als
nämlich der Bundestag ein Gesetz zur Förderung des FSJ
verabschiedete.
Wo muss ich mich bewerben?
Anbieter und Träger (d.h. die kommen für die Kosten auf und
bezahlen dir dein Taschengeld) sind überwiegend frei
gemeinnützige oder kirchliche Einrichtungen
wie beispielsweise das Rote Kreuz, die Evangelische und
Katholische Kirche, die Arbeiterwohlfahrt, der Malteser
Hilfsdienst, der Paritätische Wohlfahrtsverband usw. Diese
Institutionen vermitteln dann die einzelnen Stellen in
Krankenhäusern, Kindergärten oder Altenheimen.
Weitere Informationen sowie eine Zusammenstellung von über 150
Anlaufstellen findest du in einer speziellen Broschüre über das
Freiwillige Soziale Jahr, die das Familienministerium heraus
gegeben hat. Du kannst sie entweder direkt beim
Familienministerium unter der Anschrift Postfach 20 15 51 in
53145 Bonn bestellen oder im Internet unter www.bmfsfj.de. Ein
weiterer Ansprechpartner ist natürlich das örtliche Arbeitsamt.
Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen?
Das Wichtigste ist natürlich echtes Interesse, soziales
Engagement (was man so eine "soziale Ader" nennt), ein gewisses
Maß an körperlicher und seelischer Belastbarkeit, eine hohe
Einsatzbereitschaft und die Fähigkeit, gut mit Menschen umgehen
zu können. Was das Alter betrifft, musst du Schulabgänger,
mindestens 16 Jahre alt, aber nicht älter als 27 sein.
Fachwissen musst du dagegen keines mit bringen, lediglich die
Bereitschaft, viel Neues zu lernen. Bei der Arbeit selbst bringt
man dir die erforderlichen Kenntnisse und Handgriffe schon
rechtzeitig bei.
Wie läuft ein FSJ ab?
Du wirst eine Vollzeitstelle antreten mit vorgeschriebenen
Arbeitszeiten. In Krankenhäusern hast du beispielsweise den
gleichen Schichtdienst oder auch Wochenenddienst wie der Rest
des Pflegepersonals zu leisten. Dabei wirst du neben deinem
praktischen Einsatz auch eine ordentliche Portion Theorie mit
bekommen, da für jedes FSJ mindestens 25 Seminartage (immerhin 5
Wochen!) vorgesehen sind, an denen die Teilnehmer ihre
Erfahrungen austauschen können und berufsspezifische Themen
abgehandelt werden.
Was kann mir ein Freiwilliges Soziales Jahr bringen?
Sicher nicht den großen Reichtum, aber dafür jede Menge
Erfahrung!
Die Pluspunkte eines FSJ auf einen Blick:
Du wirst eine Menge praktischer Erfahrung im Umgang mit
Menschen sammeln. In einer derart geballten Ladung, dass du
garantiert auch menschlich bzw. charakterlich reifen wirst, will
heißen dich schneller erwachsen werden lässt.
In einem späteren Bewerbungsschreiben wird der Personalchef
ein FSJ in deinem Lebenslauf nicht als Makel, sondern als eine
Empfehlung bewerten, was deine soziale Kompetenz betrifft. Du
hast viel mit Menschen zu tun gehabt und das nicht selten in
schwierigen Situationen, d.h. bei dir ist mit
Fingerspitzengefühl, Einfühlungsvermögen und Teamfähigkeit zu
rechnen. Gibt einen dicken Bonus!
Wenn du einen Beruf im sozialen Bereich ergreifen möchtest,
hast du in einem FSJ eine prima Gelegenheit zu testen, ob dir
das Ganze auch liegt und wie du mit den an dich gestellten
Anforderungen zurecht kommst. Hast du damit Probleme, ist es
besser , dies v o r deinem Studium bzw. deiner Ausbildung
festzustellen!
Du erweiterst deinen Horizont, indem du Einblick in eine Welt
bekommst, von der viele keine Ahnung oder höchstens äußerst
vage, nicht selten auch falsche Vorstellungen haben. Wer mit
Behinderten, Kranken, Alten oder sonstwie vom Schicksal
gebeutelten Menschen zu tun hatte, wird die (Medien-,
Konsum-)Welt und (Wohlstands-, Ellbogen-, Jugendwahn- usw.)
Gesellschaft um sich herum wohl mit etwas anderen Augen wahr
nehmen.
Ein FSJ kann dir ganz allgemein zur Orientierung dienen. Sich
selbst erfahren und erforschen, erkunden, was man sich zumuten
kann und will. Ziele fest legen, das Leben in Angriff nehmen.
Die Erfahrungen aus dem FSJ werden dir dabei nützlich sein.
Hört sich vielleicht etwas pathetisch an, aber durch ein FJS
hast du die Möglichkeit, dich in die Gesellschaft einzubringen
und deinen ganz persönlichen Beitrag für ein sozial
verträglicheres Zusammenleben zu leisten. Du erkennst, wie viel
du durch dein eigenes Tun bewirken kannst.
Du kannst dir dein FSJ übrigens auf deine Altersversorgung
anrechnen lassen!
Und was ist ein FÖJ?
Mit der Abkürzung FÖJ ist gewissermaßen die ökologische
Variante des Freiwilligen Jahres gemeint, nämliche das
Freiwillige Ökologische Jahr. Das Prinzip ist das gleiche, nur
die Arbeitsstellen sind andere, statt im sozialen nun eben im
Umweltbereich. Stellen fürs FJÖ gibt es in
Vogelschutzstationen, Naturschutzzentren, Umweltämtern oder
Nationalparks. Sie finden vor allem Betätigung in der
Landschafts- und Gartenpflege, im Naturschutz, in der
Umwelterziehung und der Öffentlichkeitsarbeit.
© 2000 Anja Gerstberger, Bilder: Copyright
Corel Draw, verwendet in Lizenz
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