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Mobbing an Schulen
Falls dir der "neuhochdeutsche" Begriff Mobbing bisher noch
nicht zu Ohren gekommen ist, hier eine kurze Erklärung:
Mit Mobbing bezeichnet man den gezielten Psychoterror am
Arbeitsplatz gegenüber einem bestimmten Kollegen, meist mit dem
Ziel, das Opfer an den Rand des Nervenzusammenbruchs und aus der
Firma zu treiben. Das Ganze mit äußerst fiesen, aber gerade
deswegen so wirkungsvollen Mitteln: Lügen, Intrigen, Schneiden,
Unterlagen verschwinden lassen, anschwärzen usw.
Hört sich schlimm an, nicht wahr?
Puh, Glück gehabt! Wie gut, dass ich
mich noch nicht im rauen Berufsleben durchkämpfen muss, sondern
noch in der gemütlichen und sicheren Schule sitzen darf, wo
derlei üble Erwachsenenspielchen nicht getrieben werden.
Denkste!!!
Mobbing gibt es auch an Schulen, Tendenz steigend!
Du glaubst mir nicht?
Dann solltest du mal weiter lesen!
Wetten, dass dir der eine oder andere Sachverhalt, der im
folgenden Artikel beschrieben wird, dann doch ziemlich bekannt
vorkommen wird?
Wer sind die typischen
Mobbingopfer?
In der Regel Schüler und Schülerinnen, die sich in irgendeiner
Weise von der restlichen Masse abheben. Sie sind anders, sie
fallen auf, was als Provokation bereits genügt. Und schon sind
sie Opfer und werden von der Meute - oder zumindest einem Teil
davon - gehetzt.
Typische Mobbingopfer an Schulen
bringen besonders gute ("Klassenstreber") oder aber extrem
schlechte Leistungen ("Klassendepp"),
unterwerfen sich nicht der Klassenmode in puncto Klamotten,
Musikgeschmack, Styling, Szenetreffs u.ä., sondern haben eine
stark ausgeprägte Persönlichkeit, die sie gegen jeglichen
Widerstand ausleben,
sind Außenseiter aufgrund ihrer ungewöhnlichen
Familienverhältnisse, einer äußeren Auffälligkeit (Übergewicht,
Warze, Hinkefuß, Narben...), ihres ungewohnten Dialektes, ihrer
fremden Staatsangehörigkeit bzw. Religion oder bestimmter
Angewohnheiten (Und wenn es nur die tägliche Karotte zur Pause
oder die lustigen gelben Socken sind, da es keine vernünftigen
Gründe gibt, sucht man sich eben welche, und wenn es die
haarsträubendsten sind...),
haben entweder überhaupt keine Selbstbewusstsein und lassen
widerstandslos alles mit sich machen oder das andere Extrem,
nämlich so viel, dass sie ihre Meinung auch gegen die Anführer
der Klasse vertreten und sich dadurch isolieren.
Wie sieht Mobbing in
der Schule aus?
Der Übergang vom "normalen" Schülerverhalten zum Mobbing ist
beinahe fließend, wie du an folgender Auflistung typischer
Mobbingmethoden sehen kannst:
Die Opfer werden
bei Wortmeldungen oder Referaten von ihren Mitschülern mit
Grimassen, rätselhaften Gesten, bewusstem Anstarren einer
bestimmten Körperstelle, Grinsen, blöden Fragen und Kommentaren
aus der Fassung gebracht,
unter Ausschluss der Lehrer nachgeäfft, gehänselt und
ausgelacht,
durch Ausplaudern von Geheimnissen ("X schwärmt tatsächlich
für...!" oder "X hat noch einen Teddybären auf dem Bett sitzen",
"X trägt orangefarbene/getupfte Unterhosen" oder "X hat noch nie
ein Mädchen geküsst!") vor den anderen Schülern bloßgestellt,
mit fiesen Portraitzeichnungen an der Tafel zum Gespött
gemacht,
gequält, indem man ihnen wichtige Hilfsmittel wie Brille,
Hörgerät oder Krücken wegnimmt,
von gemeinsamen Unternehmungen und Gesprächen ausgeschlossen,
in ein schlechtes Licht gestellt, indem man über sie Lügen
verbreitet,
mit anonymen Briefchen und Telefonanrufen terrorisiert,
in peinliche und unangenehme Situationen gebracht, indem man
sie einsperrtdieHausaufgaben aus dem Heft reißt oder sie eines
ihrer Kleidungsstücke beraubt,
mit einem angeblichen Arbeitsauftrag eines Lehrers zu einem
anderen Lehrer, zum Hausmeister, in die Nachbarklasse oder zur
Sekretärin geschickt,
umsonst an falsche Orte zu falschen Terminen zu nicht
existierenden Verantaltungen bestellt, während sich die anderen
auf ihrem Beobachtungsposten einen ablachen,
bei ihren seltenen Versäumnissen verpetzt,
geärgert, indem man ihnen Kleidungsstücke oder Schulutensilien
wegnimmt, beschmutzt oder beschädigt,
erpresst, entweder zur Zahlung von "Schutzgeld" mit
Verschonung als Gegenleistung oder zu bestimmten, meist
erniedrigenden Tätigkeiten,
gezielt in Schlägereien verwickelt oder einfach grundlos
verprügelt.
Und wieder einmal zeigt sich, dass die menschliche Spezies
einen erstaunlichen Einfallsreichtum an den Tag legt, wenn es
darum geht, einen anderen Menschen zu quälen...
Die jeweiligen "Tatorte" sind übrigens ganz "klassisch",
nämlich, Pausenhof, Klassenzimmer und Schulweg.
Am erschütterndsten ist dabei meiner Meinung nach die
Tatsache, dass, wie eine Untersuchung ergeben hat, Mobbing
bereits an Grundschulen in den zweiten und dritten Klassen an
der Tagesordnung ist!
Ich frage mich, wo hier der viel zitierte "Klassengeist" und
das soziale Zusammengehörigkeitsgefühl geblieben sind, auf die
wir zu meiner Schulzeit noch mächtig stolz waren...
Wo liegen die
Gründe für eine derartig mieses Verhalten?
Die Täter wollen
ihre "Stärke" beweisen und ihren Ruf festigen,
das Gefühl von Macht und Überlegenheit spüren,
ihre mögliche Konkurrenten ausschalten,
Selbstbestätigung erfahren,
einen bestimmten Rang in der Gruppe erreichen,
Ansehen und Bewunderung bekommen,
niedere Beweggründe wie Neid, Eifersucht, Rassismus,
Intoleranz
dem Rest der Klasse zeigen, wer der Chef ist,
den Mädchen imponieren (gerade das tun sie aber mit ihrem
fiesen Verhalten nicht!),
ihren Spaß haben und sich am Leid ihres Opfers weiden,
ihre sadistische Ader ausleben,
Aufmerksamkeit erregen, die sie sonst nicht erlangen könnten,
ihre Langeweile und ihren Frust kompensieren,
ihren persönlichen Ärger mit Eltern oder Lehrern auf
Schwächere abwälzen.
Das sind keine "Gründe", sondern lediglich Beweise dafür,
dass wir es bei den Tätern mit jämmerlichen Feiglingen,
substanzlosen Dummköpfen und üblen Charakterschweinen zu tun
haben!
Die sich mit ihrem primitiven und unbedachten Verhalten dem
Tierreich schon ziemlich angenähert haben, ohne jetzt den
armen Tieren zu nahe treten zu wollen...
Wie soll ich mich richtig
verhalten?
Auf diese Frage gibt es nur drei Antworten:
1. dem Opfer beistehen bzw. dich wehren (siehe Punkt 3), wenn
du selber Opfer bist,
2. bei den Gemeinheiten nicht zu- oder wegschauen und dich
erst recht nicht daran beteiligen,
3. den oder die Täter aufhalten, indem du dich (zur Not auch
anonym) an die Schülervertretung oder eine erwachsene
Vertrauensperson (Klassleiter, Vertrauenslehrer, deine Eltern
oder die des Opfers, Schulleiter) wendest und sie über die
Machenschaften in Kenntnis setzt, damit sie eingreifen.
Und warum?
"Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg´ auch
keinem andern zu!"
Versetze dich einmal in die Situation des Opfers und stell
dir vor, du wärest der- oder diejenige, ....
Literatur-Tipp:
Passend zum Thema möchte ich dir das Taschenbuch "...Und er
begann zu weinen" von Andreas Hofmann, erschienen im
Terminal-Verlag, empfehlen.
Der Autor greift das Thema "Mobbing an Schulen" kritisch auf
und hat eigene Erfahrungen in das Buch einfließen lassen.
© 2000 Anja Gerstberger, Bilder: Copyright
Corel Draw und Macmillan Inc., verwendet in Lizenz
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